Goldene Zeiten

Russland legt los: Allein im vergangenen Jahr kaufte Moskau rund 274 Tonnen Gold. Kein Staat erwarb weltweit mehr. Warum die Ankäufe kein Zufall sind und weshalb die Zentralbank einen großen Teil der Währungsreserven traditionell in dem kostbaren Edelmetall anlegt.

Gold gilt in Russland traditionell als sichere Anlageform für Krisenzeiten. / Foto: goodfon.ru

Es schimmert prächtig, wird von Kleinanlegern sowie durchtriebenen Börsenhaien begehrt und war der Grund für blutige Eroberungsfeldzüge: Gold ist eines der wertvollsten Edelmetalle der Welt, dessen Besitz für Reichtum und Wohlergehen steht.

Zentralbank kauft tonnenweise Gold

Auch die russische Zentralbank setzt zunehmend auf den wertvollen Rohstoff. Das Geldinstitut machte im Februar Schlagzeilen, als es nach weiteren Goldankäufen die Menge der nationalen Goldvorräte auf eine Menge von mehr als 2113 Tonnen steigerte. Allein im vergangenen Jahr hatte die Bank bereits ganze 274 Tonnen des Edelmetalls gekauft. Russland verfügt damit nun über den fünftgrößten nationalen Goldbestand nach Ländern wie den USA, Deutschland, Frankreich und Italien.

Andreas Schwabe verwundert diese Entwicklung nicht. Gold gelte in Russland traditionell als sichere Investitionsanlage für wirtschaftlich und politisch turbulente Zeiten. „Man betrachtet Gold als wertvoller oder sicherer als Devisenreserven, die in Wertpapieren angelegt werden“, erklärt der Finanzexperte für Osteuropa bei der Raiffeisen Bank International in Wien.

Als Investitionsvariante passe der edle Rohstoff daher zum aktuellen Kurs der Zentralbank, der vor allem auf Sicherheit und Stabilität ausgerichtet sei. Russland zielt mit den Gold-Ankäufen auch darauf ab, sich soweit es geht vom US-Dollar zu lösen, um weniger anfällig für äußere Bedrohungen zu werden. Der Wert des Metalls unterliege nur kleinen Schwankungen, zudem ist Gold nicht mit Sanktionen belegbar.

Garant für wirtschaftliche Sicherheit

Schon in der Sowjetunion hortete die Regierung große Mengen des Edelmetalls, um die wirtschaftliche Sicherheit von Staat und Bevölkerung zu garantieren. Bereits 1941 hatte Stalin einen Vorrat von 2600 Tonnen Gold angehäuft – bis heute Rekord in Russland. Doch die Wirtschaftskrise zum Ende der Sowjetunion sorgte dafür, dass ein Großteil der eingelagerten Reserven bis zum Ende des letzten Jahrhunderts aufgebraucht wurde.

Erst nach der Weltfinanzkrise 2008 begann die Zentralbank wieder, verstärkt in Gold zu investieren. So vervielfachte sich allein in der Zeit seit 2013 der Wert der eingelagerten Goldvorräte von umgerechnet 40 auf heute 90 Milliarden US-Dollar. Der Anteil von Gold an den gesamten Währungsreserven liegt damit aktuell bei knapp 20 Prozent. In Deutschland beträgt der Anteil ungefähr 70 Prozent, die deutschen Währungsreserven sind aber auch sehr viel kleiner.

Teil einer größeren Strategie

Allerdings seien die Goldankäufe Teil eines allgemeinen Trends der Diversifizierung, also der Aufteilung in den Währungsreserven, betont Andreas Schwabe. „Seit einiger Zeit findet eine Umschichtung in den Devisenreserven statt“, erläutert der Experte. Die Zentralbank sei bemüht, die Menge der eingelagerten Devisen zu erhöhen und die Art ihrer Aufteilung zu verändern. So werde neben den Goldankäufen auch massiv in andere Währungen investiert – vor allem in chinesische Staatsanleihen. Allein in der Zeit zwischen 2017 und 2018 ist deren Anteil an den russischen Devisenreserven von 0,9 bis auf 13 Prozent gestiegen. „Die zunehmenden Gold­ankäufe sind damit eher Teil eines größeren Prozesses und kein Phänomen für sich.“

Öl und Risiken

Der Kurs der Zentralbank wird auch mit Steuerüberschüssen aus dem Ölhandel unterstützt. Gewinne, welche ab einem Verkaufspreis von 45 Dollar pro Barrel Öl generiert werden, fließen direkt in die Reserven – und werden auch in Goldvorräten angelegt.

Ein Risiko bleibt dennoch. Da der Goldwert auch natürlichen Schwankungen unterliegt, beeinflusst dies den Risikofaktor bei Investitionen. „Daher macht es keinen Sinn, die gesamten Währungsreserven in Gold anzulegen“, warnt Andreas Schwabe.

Fiete Lembeck

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