Gibt es ein Leben nach Meldonium?

In Moskau und St. Petersburg beginnt die Eishockey-WM 2016. Die Tickets kosten teilweise nicht mehr als ein Kantinenessen.

Russland ist seit dem 6. Mai Gastgeber für die Eishockey-WM. Gespielt wird in Moskau und St. Petersburg. Großer Sport für kleines Geld.

Jetzt geht es Schlag auf Schlag: erst die Eishockey-Weltmeisterschaft vom 6. bis 22. Mai, dann die Fußball-Europameisterschaft vom 10.  Juni bis 10. Juli und schließlich die Olympischen Sommerspiele vom 5. bis 21. August – die Sportnation Russland wird gleich mehrere Monate in Atem gehalten. Der emotionale Höhepunkt könnte dabei am Anfang liegen, denn die Eishockey-WM richtet Russland selbst aus, bereits zum siebten Mal übrigens. Und auch die sportlichen Erwartungen sind besonders hoch. Während die russische Fußball-Nationalmannschaft nur als Außenseiter zur EM fährt und zahlreiche Dopingskandale den Russen bei Olympia den Spaß am Blick auf die Länderwertung verderben dürften, zählt auf dem Eis wieder einmal nur der Titel. Wie empfindlich die russische Seele auf Enttäuschungen reagieren kann, zeigte sich bei der letzten Heim-WM 2007: Als Russland das Halbfinale verlor, war die Halle beim Spiel um Platz drei – das gewonnen wurde  – halbleer.

Gol! So traf Russland bei der WM 2014 im gewonnenen Finale gegen Finnland. / RIA Novosti

Gol! So traf Russland bei der WM 2014 im gewonnenen Finale gegen Finnland. / RIA Novosti

Der Weltmeister von 2014 und aktuelle Vizeweltmeister – im Vorjahr bezog das Team im Finale eine 1:6-Packung gegen Kanada – trägt alle seine Spiele in Moskau aus. Deutschland muss dagegen in St. Petersburg antreten. Gespielt wird zunächst in zwei Achtergruppen. Die jeweils ersten Vier kommen weiter.

Das endgültige Aufgebot Russlands hängt wie immer auch von den Play-offs in der nordamerikanischen NHL ab. Dort stehen sich die russischen Superstars Alexander Owetschkin und Jewgenij Malkin gerade mit ihren Klubs Washington Capitals und Pittsburgh Penguins in der zweiten Runde gegenüber. Einer von ihnen kann also schon in Kürze zur Nationalmannschaft stoßen. Trainer Oleg Snarjok hält in jedem Falle vier Plätze im Aufgebot für mögliche Nachzügler frei. Bereits im Kader ist NHL-Legionär Pawel Dazjuk, weil seine Detroit Red Wings bereits in der ersten Play-off-Runde die Segel streichen mussten. Der 37-jährige Stürmer führt Russland bei WM als Kapitän an, wie bereits bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi, wo allerdings im Viertelfinale Endstation für die Russen war – die größte Enttäuschung der jüngeren Vergangenheit.

Das Organisationskomitee vermeldete Ende April, 80 Prozent der WM-Tickets seien bereits weg. Manche Spiele sind ausverkauft, zum Beispiel die von Gastgeber Russland, für andere gibt es beim offiziellen Händler Parter.ru aber noch Karten zu unschlagbaren Preisen ab 375  Rubel (5 Euro) in Moskau und ab 1500 Rubel (20 Euro) in St. Petersburg. Sogar kostenlos Eishockey geschaut werden kann beim Public Viewing in sogenannten Fanzonen. In Moskau befinden die sich an der Eishalle selbst und im Gorki-Park.

Für Russland ist die WM nicht zuletzt eine Chance, wieder sportliche Schlagzeilen zu schreiben, die nicht mit „Meldonium“ beginnen. Auch wenn jüngst sogar Präsident Wladimir Putin eine Leistungssteigerung durch das Herzmittel bestritt, steht es doch seit diesem Jahr auf der Dopingliste, was eine Bresche quer durch den russischen Sport geschlagen hat. Mitte April musste der Eishockey-Verband gleich eine ganze Mannschaft austauschen: Wegen zahlreicher positiver Proben schickte er die U17 statt der U18 zur Junioren-WM in die USA. Die kam dann über das Viertelfinale nicht hinaus.

Hier wird gespielt

parklegendsru

Moskau: Eispalast „Arena der Legenden“

Erst vor einem Jahr eröffnet. Gelegen auf dem Gelände des SIL-Autowerks (Metrostation Awtosawodskaja) und Teil von dessen Neubebauung. Heimsta­dion des Klubs Dynamo Moskau, 12.100 Plätze.

St. Petersburg: Eispalast „Jubilejnyj“

Der rekonstruierte Rundbau von 1967 fasst 6270  Besucher und bekam den Vorzug vor dem doppelt so großen SKA-Eispalast. Grund: Russland spielt in Moskau, für andere Teams schätzt man die Kapazität als ausreichend ein.

Tino Künzel

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