Erfolgreich gesetzt: Russlands Wettanbieter verzeichnen Rekordumsätze

Die Russen haben 2018 die Lust am Wetten entdeckt. Angetrieben von der Fußball-Weltmeisterschaft konnten die Wettanbieter ihre Umsätze um 70 Prozent steigern. In der Branche ist die Hoffnung groß, dass der Aufschwung anhält. Die MDZ beantwortet die wichtigsten Fragen zum russischen Wettmarkt.

Wettanbieter

Fonbet ist heute der größte Anbieter von Wetten in Russland. © Natalja Seliwerstwowa / RIA Novosti

Wie groß war der Umsatz 2018?

Beflügelt vom unerwartet guten Abschneiden der russischen Mannschaft während der Fußball-Weltmeisterschaft, stiegen die Umsätze der Wettanbieter auf 1,15 Billionen Rubel (15,3 Milliarden Euro). Allein 250 Milliarden Rubel (3,4 Milliarden Euro) entfielen davon auf die Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft, erklärte Maria Sobolewa, Generaldirektorin der Werbeagentur ARKA, dem Internetportal Bookmaker Ratings. Insgesamt platzierten im Vorjahr 4,8 Millionen Russen eine (virtuelle) Wette und gaben dabei 70 Prozent mehr aus als noch im Jahr 2017, als der Umsatz des Marktes bei 677 Milliarden Rubel (neun Milliarden Euro) lag.

Wie steht der russische Markt im internationalen Vergleich da?

International spielt der russische Markt kaum eine Rolle. Im Jahr 2017 betrug der Weltmarktanteil laut Bookmaker Ratings lediglich 1,2 Prozent. Während der Fußball-Weltmeisterschaft wurden hingegen 2,5 Prozent aller weltweiten Wetten in Russland getätigt. Für das Gesamtjahr 2018 lässt sich noch keine Aussage treffen.

Wie sind die Zugangsvoraussetzungen?

Seit dem Jahr 2010  gelten  erschwerte Bedingungen für die Teilnahme am Markt. Interessenten müssen seitdem über ein Nettovermögen von einer Milliarde Rubel (13,5 Millionen Euro), ein Grundkapital von 100 Millionen Rubel (1,3 Millionen Euro) und Bankgarantien von 500 Millionen Rubel (6,7 Millionen Euro) für eine Zeit von mindestens fünf Jahren verfügen.

Wie viele Wettanbieter gibt es in Russland?

Aktuell verfügen 31 Anbieter über eine Lizenz, von denen jedoch nicht alle aktiv sind. Ein bisher unbekanntes 32. Unternehmen hat seinen Markteinstieg für dieses Jahr angekündigt. Unter den aktuellen Anbietern befindet sich mit bwin aus Österreich nur ein ausländisches Unternehmen, dessen Umsatz im Jahr 2017 laut der Wirtschaftszeitung „Wedomosti“ jedoch bei lediglich 18 Millionen Rubel (240 000 Euro) lag.

Ist der russische Markt für ausländische Anbieter nicht attraktiv?

Nein. Seit 2014 geht die russische Aufsichtsbehörde für Massenmedien, Telekommunikation und Datenschutz Roskomnadsor gegen Homepages vor , die nicht in Russland registriert sind. Infolge der ersten Welle 2014 haben die meisten ausländischen Anbieter  wie Bet-at-home, Unibet, Betway und Ladbrokes ihre Geschäfte mit Russland eingestellt. Eine Rückkehr dieser Unternehmen ist auch nicht absehbar. Denn ihnen erscheint die Rechtsbasis in Russland oft zu unsicher, sagte die ehemalige Betfair-Managerin Milena Iwanowa dem Wirtschaftsmagazin „Forbes“. Außerdem spielten auch die Sanktionen, der instabile Rubel und die mangelnden Möglichkeiten von Geldüberweisungen zwischen Russland und der Europäischen Union eine Rolle, so Iwanowa. Der Wettmarktexperte Dmitrij Malkow ergänzt,  dass der russische Markt schlicht zu klein und damit unattraktiv sei. 

Was sind die größten Unternehmen?

Dazu gibt es unterschiedliche Angaben. So berichtet die Wedomosti, dass BingoBoom mit einem Umsatz von 19 Milliarden Rubel (255 Millionen Euro) im Jahr 2018 der größte Wettanbieter war. Auf Platz zwei und drei folgen demnach Betcity mit 18 Milliarden Rubel (242 Millionen Euro) und Liga Stawok mit zwölf Milliarden Rubel (161 Millionen Euro). Diese Zahlen beruhen auf den Rechenschaftsberichten der einzelnen Unternehmen und werden von Experten bezweifelt. So meint Alexej Tkatschuk, Direktor für strategische Entwicklung bei Bookmaker Ratings, auf Anfrage der MDZ, dass die Reihenfolge der größten Wettanbieter Russlands eigentlich anders aussehe (siehe Infografik).

Worauf wetten die Russen und wieviel?

Laut einer Online-Umfrage von Bookmaker Ratings haben acht Prozent aller Russen in ihrem Leben bereits gewettet. Das entspricht 8,3 Millionen Menschen. 4,7 Millionen Russen gaben an, im Jahr 2018 gewettet zu haben. Der Wetteinsatz betrug durchschnittlich 1516 Rubel (20 Euro). Dabei geben die meisten Befragten an, zu wetten, um sich etwas hinzuzuverdienen.

Gewettet wird in Russland hauptsächlich auf Fußball, Eishockey, Tennis, Basketball und Volleyball. Auffällig ist, dass immer mehr Wetten auf E-Sport abgeschlossen werden.

Wo geben die Russen ihre Wetten auf?

Mit der Aufhebung des OnlineWettverbots 2014 gewinnt der digitale Wettmarkt zunehmend an Bedeutung. Immer mehr Menschen greifen auf die Seiten oder Apps der Anbieter zu. Lediglich 23 Prozent gingen im letzten Jahr noch ausschließlich in ein Wettbüro, wie aus dem Jahresbericht von Bookmaker Ratings hervorgeht (siehe Infografik). Nachdem die Zahl der Wettbüros 2017 noch gestiegen war, ging sie 2018 um knapp neun Prozent auf 6300 zurück.

Wie sieht die Zukunft des Marktes aus?

Paruir Schachbasjan, Gründer von Bookmaker Rating, bezeichnete bei der Präsentation des Jahresberichtes 2018 als Schlüsseljahr für die russischen Wettanbieter. Für 2019 wird bereits ein Umsatz von 1,4 Billionen Rubel (18,7 Milliarden Euro) prognostiziert. Allerdings sprach er auch davon, dass Russland sich noch weit entfernt vom weltweiten Standard ist. Für ein weiteres Wachstum müssten entwicklungshemmende Bestimmungen wie etwa die zweistufige Identifizierung durch den Anbieter und das Zentrum zur Erfassung von Online-Wetten – ein Selbstkontrollorgan der Branche – abgeschafft werden.

Daniel Säwert

 

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