Downshifting einer Region

Die Städte in der Komi-Republik werden eine nach der anderen heruntergestuft, zumindest verwaltungstechnisch. Der Grund ist die zu geringe Bevölkerungsdichte, die sie zusammen mit Vororten aufweisen.

Stadtkreise können auch mal ländlich anmuten: Blick auf die Siedlung Trjochoserka, die zu Syktywkar gehört, der Gebietshauptstadt der Komi-Republik. (Foto: Tino Künzel)

In der Komi-Republik am nordöstlichen Rand von Europa behält über 2024 hinaus nur noch eine Stadt ihren Stadtstatus: die Gebiets­hauptstadt Syktywkar. Vier weitere Stadtkreise waren zuletzt bereits in Landkreise umgewandelt worden. Nun hat das Regionalparlament beschlossen, dass auch die Kohlestadt Workuta zum 1. Januar 2025 denselben Weg geht. Dafür hatte sich zuvor der dortige Stadtrat ausgesprochen.

Gesetz definiert Stadtkreise neu

Eine Gesetzesnovelle von 2019 hatte den Verantwortlichen auch wenig Spielraum gelassen. Sie schreibt vor, dass in Stadtkreisen die Bevölkerungsdichte mindestens das Fünffache des Landesdurchschnitts betragen muss. Das russische Mittel liegt bei 8,55 Einwohnern pro Quadratkilometer (Deutschland: 236). In der Komi-Republik, die größer als Deutschland ist, sind es mit 1,74 noch einmal deutlich weniger. Der Stadtkreis Workuta weist mit 2,8 nur einen Bruchteil des Werts von 42,75 auf, die laut Gesetz erforderlich wären.

Die Komi-Republik gehört zu den nördlichsten Regionen Russlands, ein Teil ihrer Fläche befindet sich jenseits des Polarkreises, darunter auch Workuta. Im Osten wird die Republik vom Ural-Gebirge begrenzt. Sie ist reich an Bodenschätzen und unberührter Natur, auch zahlreiche Vertreter indigener Völker sind hier zu Hause.

Nur noch 726.000 Einwohner

Allerdings hält der Bevölkerungsschwund an. Derzeit hat die Region noch 726.000 Einwohner, Tendenz sinkend. Nahezu alle größeren Ortschaften weisen eine negative Dynamik auf. Die größten sind Syktywkar mit 220.000 Einwohnern, Uchta mit 80.000, Workuta mit 57.000 und Petschora mit 35.000.

Als die jüngsten Nachrichten bekannt wurden, schlug das in der Gruppe „Unser Landstrich – die Komi-Republik“ im sozialen Netzwerk Vkontakte hohe Wellen. Die Meldung, dass auch Workuta zum Landkreis mutiert, wurde fast 200 Mal kommentiert.

„Hier gibt es alles“

Die Stimmen klingen fast durchweg bitter. Einer der Kommentare lautet: „Wälder, Wasser, Öl, Gas, ich will gar nicht weiter aufzählen. In der Komi-Republik gibt es alles für Entwicklung und Gedeihen. Und das menschliche Kapital ist auch vorhanden. Aber die Obrigkeit will nur raffen und sich bereichern. Viel muss getan werden, bei der Logistik zum Beispiel und bei der Wiederbelebung der Medizin und vieles andere mehr. Aber das Wichtigste ist, dass die Spitzen des Landes und der Republik das überhaupt wollen. Dann finden sich auch die nötigen Spezialisten und die Bevölkerung steht dahinter.“

Tino Künzel

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