Daimler-CEO: Lkw eilt allen davon

Derzeit wird an einem millionenschweren neuen Werk mit einem geschätzten Investitionsvolumen von 400 Millionen Euro gebaut, ein Spezinvestvertrag steht kurz vor dem Abschluss. Und Geschäftsführer Heiko Schulze ist sich sicher: Der Lkw ist seiner Konkurrenz meilenweit voraus.

Heiko Schulze

Heiko Schulze vor dem neuen Actros-Modell. / Foto: Christopher Braemer.

Herr Schulze, wie zufrieden sind Sie mit dem Geschäftsjahr 2016?

Im vierten Quartal 2016 war ein deutlicher Aufwärtstrend zu spüren: Der Gesamtmarkt im Lkw-Importsegment lag bei circa 10 500 Einheiten. Mercedes-Benz hat daran einen Anteil von 20 Prozent. Der Trend wird sich fortsetzen.

Sehen sie eine Marktstabilisierung?

Russland hat sich als volatiler Markt erwiesen, was an einer Vielzahl externer Einflüsse liegt. Das bedeutet konkret, dass sich der Aufwärtstrend nicht zwangsläufig fortsetzen muss. Für den Moment sind wir allerdings positiv gestimmt.

Was konkret stimmt sie positiv?

Ölpreis, Wechselkurs und politische Situation spielen eine Rolle.

Geht es Ihnen besser, als vor der seit 2014 anhaltenden Krise?

Leider nein. Im Vergleich zu  2012 ist der Verkauf von Lkws bis heute um etwa zwei Drittel zurückgegangen. Damals waren es 33 000, im vergangenen Kalenderjahr nur 10 500. 

Was eigentlich macht Russland attraktiv für Daimler?

Wir sprechen von einem der größten Lkw-Märkte der Welt in Bezug auf Neuzulassungen. In Russland steckt ein gewaltiges Potential. Der Lkw wird im größten Land der Erde die mit Abstand größte Rolle einnehmen. Im Gegensatz zu Schiff und Bahn ist er als Einziger in der Lage, in jeden Winkel Russlands zu liefern. Darüber hinaus ist er schneller, die Transportkette kürzer als die des an Bahnhöfe gebundenen Zuges. Das macht den Lkw im Güterverkehr alternativlos.

Gibt es Unterschiede zu Deutschland und Europa?

Auf jeden Fall, in Russland legen viel mehr Kunden selbst Hand an, haben einen eigenen Werkstatt- oder Servicebetrieb. Leasingkonzepte sind hier viel populärer. Die Unterschiede sind vielseitig, auch bei den Abgasnormen: In Europa gilt bereits seit 2015 die Euro 6, in Russland die Euro 5. Im Jahr 2018 werden wir in Russland komplett auf Euro-6-Motoren umsteigen.

Und die Konkurrenz?

Die ist groß, der Markt ist stark umkämpft. Sämtliche großen europäischen und asiatischen Firmen sind vor Ort. Wir planen langfristig, Marktanteile aufzuholen, wobei uns Kamaz sowie das neue Werk ab 2019 helfen werden.

Was unterscheidet Ihr altes vom neuen Werk?

Das heutige Werk in Nabereschnyje Tschelny ist ein reines Montagewerk. Im neuen Werk, das am selben Ort gebaut wird, werden wir ab 2019 komplett eigene Fahrerkabinen herstellen. Das neue Werk wird auf dem neuesten Stand der Technik sein, sprich vollautomatisiert.

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Eine Power-Partnerschaft: 2008 erwarb Daimler zehn Prozent von Kamaz, des hiesigen Marktführers für Lkw-Teile, 2010 gründeten sie das Joint Venture Daimler Kamaz Rus. Hier im Montagewerk in Nabereschnye Tschelny / Foto: Unternehmen.

Sind Ihre Zulieferer nur deutsch?

Wir fertigen etwa 85 Prozent unserer Fahrzeuge im Werk in Tschelny. Die restlichen 15 Prozent kommen bereits komplett montiert aus unserem Produktionswerk in Wörth in Deutschland. Die zu montierenden Teilsätze stammen ebenfalls aus Deutschland. Wir haben jedoch auch einige russische Zulieferer.

Was beduetet das konkret?

Dass wir sehr daran interessiert sind, weiter zu lokalisieren, sprich noch mehr Lkw-Komponenten aus Russland zu beziehen. Dies wird ab 2019 eine Rolle spielen. Filter, Reifen, Sattelkupplungen, Tachograph u.a. beziehen wir bereits, zukünftig werden viele Kabinenkomponenten aus Russland direkt bezogen.

Was sind die Auswahlkriterien?

Der Zulieferer muss die von uns geforderten Qualitätsstandards erfüllen. Und unsere Ansprüche sind enorm hoch.

Inwiefern rentierte sich die Partnerschaft mit Kamaz?

Wir profitieren ganz klar von der langjährigen Erfahrung von Kamaz vor Ort, dem Netzwerk an Kunden und Händlern. Darüber hinaus profitieren wir auch beim Bau des neuen Werkes von Regierungssubventionen, für die wir dank unseres Partnerunternehmens Kamaz berechtigt sind.

Und Kamaz?

Umgekehrt profitiert Kamaz von der Daimler-Technologie. Unser Partner liefert einige Lkw-Typen, die zu 60 Prozent aus Mercedes Benz-Teilen bestehen. Ab 2019 wird die Fahrerkabine im neuen Werk konstruiert. Kamaz hat eine Kabine, die noch aus Sowjetzeiten stammt. Diese wird ab 2019 durch die in der neuen Fabrik produzierte ersetzt.

Zum Ausblick: Was ist Ihre Strategie der nächsten fünf Jahre?

Wir werden in den nächsten Jahren intensiv daran arbeiten, den Lkw hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs und der Folgekosten wirtschaftlicher und zuverlässiger zu machen. Langfristig wollen wir hier Marktführer im Segment der importierten Lkw werden.

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Christopher Braemer.

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