Vier Herausforderungen für Moskau

Zunehmende Spannungen mit den Vereinigten Staaten, der stockende Friedensprozess in der Ukraine und ein wichtiger Abrüstungsvertrag in Gefahr: Russlands Diplomaten sind auch in diesem Jahr wieder schwer beschäftigt.

Außenminister Sergej Lawrow hat 2020 einen prall gefüllten Terminkalender. /Foto: twitter.com

Beginn des Prozesses um Flug MH 17

Anfang März beginnt vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag der Prozess gegen vier Angeklagte, die im Verdacht stehen, im Juli 2014 eine Boeing der Malaysia Airlines (Flug MH17) über der Ukraine abgeschossen zu haben. Ermittlungen des International Joint Investigation Team (JIT) zufolge wurde das Passagierflugzeug von einer Boden-Luft-Rakete vom Typ Buk getroffen, die speziell für den Abschuss aus Russland in den Donbass – und anschließend zurück – geschafft wurde. Moskau widerspricht dieser Darstellung der Ereignisse, bei denen 298 Menschen ihr Leben verloren. Ein Gerichtssprecher setzte für die Verhandlungen rund ein Jahr Zeit an.

Der Konflikt in der Ukraine

In der ersten Aprilhälfte findet in Berlin ein Treffen im sogenannten „Normandie-Format“ zwischen den Regierungschefs Russlands, der Ukraine, Deutschlands und Frankreichs statt. Thema ist der Friedensprozess in der Ukraine. Die Begegnung wurde möglich durch einen Gefangenenaustausch und erste vorsichtige Schritte zur Verständigung nach dem Wahlsieg von Wolodimir Selenski. Ob es zu weiteren Fortschritten kommt, ist derzeit unklar. Denn zu Kernfragen wie dem künftigen Status des Donbass’ sowie den Wahlen und der künftigen Verwaltung in den selbst ernannten Republiken bestehen zwischen Moskau und Kiew weiterhin tiefgehende Meinungsverschiedenheiten.

Neue US-Sanktionen

2020 könnte es zu einer Ausweitung der US-Sanktionen gegen Russland kommen. Grund ist das Gesetzesvorhaben „Defending American Security from Kremlin Aggression Act of 2019“ (DASKA). Dieses sieht unter anderem Sanktionen gegen Banken vor, die Russlands „Einmischung in die demokratischen Prozesse anderer Staaten“ unterstützen und will Politiker für „Korruption oder ungesetzliche Handlungen im Interesse Wladimir Putins“ bestrafen. Zudem sollen Investitionen in die russische Flüssiggastechnologie sanktioniert werden. Das Vorhaben steht im Arbeitsplan des US-Kongresses – einen Abstimmungstermin gibt es aber noch nicht.

Neustart oder altes Wettrüsten?

In diesem Jahr entscheidet sich höchstwahrscheinlich das weitere Schicksal des sogenannten New-Start-Vertrages. Dieser stellt das letzte größere Abkommen zur Reduzierung und Begrenzung strategischer atomarer Angriffswaffen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten dar. Die im Jahr 2010 unterzeichnete Übereinkunft sieht eine Reduzierung der Anzahl der Sprengköpfe auf jeweils 1550 Stück vor. Außerdem müssen beide Seiten die Anzahl ihrer dazugehörigen Trägersystem auf 800 beschränken. Ohne Verlängerung läuft der Vertrag im Februar 2021 aus. Sollte eine der beiden Seiten den Vertrag früher kündigen, gilt das Abkommen noch drei Monate. Präsident Wladimir Putin bekundete im Dezember 2019 seine Bereitschaft zu einer bedingungslosen Verlängerung von New-Start. Washington äußerte sich zu dem Vorschlag bisher nicht. Grundsätzlich sind die USA aber an Verhandlungen interessiert – allerdings unter zwei Bedingungen: Eine Ausdehnung des Vertrages auf China sowie eine Regelung zur Begrenzung moderner russischer Waffensysteme.

Birger Schütz

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