Die Realeinkommen der russischen Bevölkerung waren 2023 niedriger als zehn Jahre davor. Das Durchschnittsgehalt bezifferte die staatliche Statistikbehörde Rosstat mit 73.700 Rubel, das sind umgerechnet etwa 730 Euro. Vorsorge zu betreiben, nennenswerte Sparguthaben anzulegen, ist für die meisten problematisch bis undenkbar. Wer schnell zu Geld kommen will, muss schon im Lotto gewinnen. Oder sich eine Uniform anziehen und zur „Sonderoperation“ in der Ukraine abkommandieren lassen. Das ist finanziell so lukrativ, dass es jeden Vergleich mit den sonstigen Verhältnissen sprengt.
Gerade hat die Region Krasnodar ihre Einmalzahlung an Männer, die dort einen Vertrag mit dem Verteidigungsministerium abschließen, verdoppelt – von einer halben auf eine Million Rubel. Das gilt sowohl für Freiwillige, die sich mindestens für ein Jahr verpflichten müssen, wie für Zeitsoldaten, deren Dienst an die Dauer der „Sonderoperation“ gekoppelt ist. Erst Mitte Februar hatte die Region den Betrag von 300.000 auf 500.000 Rubel aufgestockt. Eine Million Rubel sind umgerechnet etwa 10.000 Euro und entsprechen in der Region 16 durchschnittlichen Monatsgehältern.
Die Prämien sind je nach Region unterschiedlich, nun aber in Krasnodar am höchsten. Es folgen St. Petersburg mit 905.000 Rubel und Rostow am Don mit 700.000 Rubel. Dazu kommen jeweils 195.000 Rubel vom Verteidigungsministerium. Die monatliche Vergütung im Kampfgebiet beträgt mindestens 204.000 Rubel (rund 2000 Euro).
Offizielle Kreise beteuern immer wieder, Russland habe keine Probleme, Soldaten zu rekrutieren. Verteidigungsminister Sergej Schoigu sprach Ende 2023 von etwa 490.000 Männern, die sich im Verlaufe des vergangenen Jahres zur „Sonderoperation“ gemeldet hätten. Ex-Präsident Dmitri Medwedew nannte für die ersten sechs Wochen des laufenden Jahres die Zahl 53.000.
Nach dem jüngsten Anschlag auf die Crocus City Hall vermeldeten die Staatsmedien, der Andrang sei noch einmal gestiegen. Innerhalb von nur zwei Wochen hätten sich landesweit 16.000 Männer verpflichtet, in der Ukraine zu kämpfen, berichtete der „Erste Kanal“ Anfang April.
Tino Künzel