Königlicher Genuss

Wie kommt eine Süßigkeit im Südwesten Deutschlands zu dem Namen Olgabrezel? Das Gebäck mit Zuckerguss und Mandelscheiben ist in Stuttgart bei jedem Bäcker zu haben. Es erinnert an eine wohltätige Königin aus dem Hause Romanow.

Olgabrezel
Königliches Süßgebäck: Olgabrezeln aus Stuttgart (Foto: Markus Reuber)

Fast jeder Bäcker in Stuttgart und Umgebung hat sie im Angebot: die Olgabrezel, manchmal auch Russenbrezel genannt. Die süße Variante des Klassikers kenn hier jeder. Hell-dunkel gestreift und mit feinen Mandelscheiben bestreut begeistert das „süße Stückle“, wie man hier sagt, Jung und Alt. Doch wer ist Olga und was hat die Brezel mit Russland zu tun?

Konditorin Daniela Blum von der Bäckerei Bubeck in Stuttgart verrät der MDZ, wie sie das beliebte Gebäck herstellt. „Ich nehme einen Blätterteig und einen Mürbeteig und rolle sie separat aus. Dann bestreiche ich sie mit Wasser und lege sie übereinander. Daraus schneide ich dann zwei Zentimeter breite Streifen, aus denen ich die Brezeln drehe. Zum Schluss kommen Zuckerguss und Mandeln drauf.“

Eine Brezel zu Ehren der Königin

Doch woher kommt der Name? „Wir verkaufen sie als Russenbrezeln, viele sagen aber auch Olgabrezeln“, so Daniela Blum. „Der Überlieferung nach hat ein Stuttgarter Zuckerbäcker diese Brezel einst zu Ehren der Königin Olga kreiert.“

Die Spur führt also tatsächlichnach Russland, zumindest indirekt. Königin Olga von Württemberg war eine Tochter des Zaren Nikolai I. und seiner Gattin Charlotte von Preußen. Sie kam 1822 in St. Petersburg zur Welt. Das Haus Württemberg pflegte schon länger Verbindungen zu den Romanows und so konnte König Wilhelm I. die Zarentochter als Braut für seinen Sohn und Thronfolger Karl gewinnen. Die Hochzeit der beiden fand 1846 in St. Petersburg statt. 1864 bestieg sie den württembergischen Thron.

Königin Olga, die Namenspatronin der Olgabrezel
Die Namensgeberin der süßen
Brezel: Olga Romanowa

Die Königin mit den russischen Wurzeln genießt bis heute großes Ansehen bei der Bevölkerung, insbesondere in Stuttgart. Schon zu Lebzeiten wurde sie als Wohltäterin gefeiert. Zahlreiche soziale Projekte gehen auf sie zurück. Das bekannteste davon ist sicher das Kinderkrankenhaus, das ab 1850 den Namen Olga-Heilanstalt trug und von ihr fürsorglich gefördert wurde.

1880 spendierte sie dem Krankenhaus, das im Volksmund schlicht „Olgäle“ genannt wird, einen Neubau. Unter dem Namen Olgahospital besteht es bis heute, jedoch seit 2014 an einem anderen Standort.

Zudem förderte sie die Bildung der Mädchen, was 1873 in der Gründung des Königin-Olga-Stifts seinen Ausdruck fand. Auch dieses Gymnasium besteht bis heute und steht nun auch Jungen offen. Zur Silberhochzeit des Königspaars wurde die Karl-Olga-Stiftung gegründet, auf die unter anderem das ebenfalls noch heute bestehende Karl-Olga-Hospital zurückgeht.

Eine beliebte Wohltäterin

Sie unterstützte diese Einrichtungen nicht nur finanziell, sondern beteiligte sich an der Suche nach geeignetem Personal. Olgas Ehe dagegen war offenbar nicht sehr glücklich. Sie litt unter dem schwierigen Verhältnis ihres Gatten zu dessen Vater König Wilhelm I. Der hielt Karl für ungeeignet, die Regierungsgeschäfte zu erledigen. Die Urteile über Karls politische Geschicke sind in der Tat eher zweifelhaft. Zudem blieb das Paar kinderlos. Es wird vermutet, dass dies an einer früheren Geschlechtskrankheit Karls gelegen hat. Auch von seinen „Männerfreundschaften“ ist oft zu lesen. Ob er wirklich homosexuell war, ist letztlich nicht bekannt.

Um so mehr fand Olga wohl eine Erfüllung darin, sich um Bedürftige zu kümmern. Die Menschen im Königreich dankten es ihr und sie wird bis heute verehrt wie keine andere württembergische Königin. Neben den Namen der sozialen Einrichtungen erinnern auch die süßen Brezeln noch immer an die Zarentochter.

Wer allerdings der Zuckerbäcker war, der sie erfunden haben soll, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben.

Jiří Hönes

Newsletter

    Wir bitten um Ihre E-Mail: