„Nicht sanktionierte“ Games

Experten stellen fest, dass sich der Markt der Game-Industrie in Russland nach dem Abzug großer ausländischer Unternehmen Anfang 2022 allmählich zu erholen beginnt. Von schnellem Wachstum kann jedoch keine Rede sein. Obwohl das Potenzial der russischen Spielindustrie nach wie vor groß ist, fehlt es ihr an privaten Investitionen und staatlicher Unterstützung.

Fast 90 Millionen Menschen in Russland spielen Computerspiele. (Foto: freepic.com)

Gewinn trotz Sanktionen

Trotz der Sanktionen beliefen sich die Einnahmen der größten russischen Spieleunternehmen im vergangenen Jahr auf 45,4 Milliarden Rubel (etwa 450 Millionen Euro), was 17,7 Prozent mehr ist als im Jahr 2022 (38,55 Milliarden Rubel). Das in St. Petersburg ansässige Unternehmen Lesta Games ist nach wie vor führend auf dem Spielemarkt. Nachdem es den russischen und weißrussischen Markt verlassen hatte, übertrug Wargaming, der Entwickler des Onlinespiels World of Tanks, sein Online-Spielgeschäft an das Unternehmen. Im Laufe des Jahres stiegen die Einnahmen des Unternehmens um 60 Prozent und erreichten 19,1 Milliarden Rubel (190 Millionen Euro). Zum Vergleich: Der Spitzenreiter bei den Einnahmen für 2023, das chinesische Unternehmen Tencent, liegt bei 30,1 Milliarden US-Dollar. Wasili Owchinnikow, Leiter der Organisation zur Entwicklung der Videospielindustrie, führt dies in einem Gespräch mit fontanka.ru auf die aktiven Werbe- und Marketingaktivitäten des Entwicklers zurück. „Sie sind zwar in Russland eingesperrt, aber sie haben alles eingerichtet und haben in Ruhe eine aggressive Werbekampagne gestartet. Dementsprechend verdienen sie eine Menge russisches Budget – mehr als im letzten Jahr“, so der Experte.

An zweiter Stelle bei den Einnahmen lag das in Moskau ansässige Unternehmen Astrum Entertainment mit 10 Milliarden Rubel (100 Millionen Euro). Die ehemalige Tochtergesellschaft des internationalen Unternehmens My.Games veröffentlichte im vergangenen Jahr Battle Teams 2, Xtract und das hochgelobte Atomic Heart, das innerhalb von drei Wochen nach seiner Veröffentlichung mehr als 5 Millionen Spieler hatte.

Mangelnde Investitionen

Eines der Hauptprobleme der heimischen Spieleindustrie ist der Mangel an Investitionen. Wie Experten anmerken, arbeiteten im Grunde alle Investoren vor 2022 mit Finanzinstrumenten ausländischer Fonds und Banken. Vor 2022 gab es auch chinesische Investoren auf dem Markt, aber auch mit ihnen gab es nach 2022 keine Geschäfte mehr. In der Spieleindustrie funktionieren Investitionen nach dem Venture-Prinzip. Das heißt, ein Entwickler bringt mehrere Spiele heraus, doch nur eines davon wird zu einem Hit und deckt alle Verluste. Jetzt haben russische Investoren Angst, Geld zu investieren, weil sie nicht wissen, ob ein neues Spiel erfolgreich wird oder nicht. Aus diesem Grund mangelt es generell an neuen Projekten in der russischen Videospielbranche.

Auf der Suche nach den Umwegen

Darüber hinaus müssen russische Entwickler aufgrund der Sanktionen auch neue Wege der Monetarisierung finden. Im Jahr 2022 stellten die meisten westlichen Partner, die Spiele in Europa und den USA vertrieben, die Zusammenarbeit mit russischen Entwicklern ein. Das ist ein großes Problem, denn um rentabel zu werden, muss ein Spiel überall verkauft werden – Käufe von russischen Spielern allein reichen oft nicht aus. Aus diesem Grund haben viele Entwickler zumindest ihren Sitz in ein anderes Land verlegt. So ging das in Moskau ansässige Studio Owlcat Games nach Zypern, während die Autoren von Atomic Heart in die Niederlande wechselten. Im April 2022 sind 20 Prozent der Entwickler „umgesiedelt“, darunter fast alle großen Studios, die für den westlichen Markt arbeiten.

Einer der Auswege aus dieser Situation für die verbleibenden Entwickler in Russland bestand darin, russische Produkte mit Hilfe von Drittländern auf den Weltmarkt zu bringen. So kooperieren nach Angaben von Experten Unternehmen, die in Russland Spiele entwickeln, mit Computerspiel-Publishern in einem Drittland: Usbekistan, Georgien, Armenien oder Zypern. Letztere kaufen sozusagen ein Spiel von einer russischen Firma und zahen ihr dann Lizenzgebühren.

Wie die Marktteilnehmer anmerken, kann man unter den heutigen Bedingungen nur auf eine Stabilisierung der Wirtschaft hoffen, damit die Investoren ihre Angst verlieren und der Staat die Mittel aufstockt.

Alexej Karelski

Newsletter

    Wir bitten um Ihre E-Mail: