Mit und ohne Russland

Wie sieht es aktuell mit den russischen Rohstoffexporten nach Europa aus? Und in andere Länder? Zahlen zur Zeitenwende auf dem Energiemarkt.

Fackelschein über einer Förderstätte in Sibirien: Wohin leitet Russland künftig seine Öl- und Gasexporte um? (Foto: Ramil Sitdikow/RIA Novosti)

72,7 TWh

Seit der Einstellung russischer Gaslieferungen im Sommer 2022 hat Deutschland monatlich im Schnitt 72,7 Terawattstunden Erdgas importiert, so dpa unter Berufung auf die Bundesnetzagentur. In den fünf Jahren davor lag der Durchschnitt bei 77 TWh. Demnach wurde der Ausfall Russlands größtenteils durch mehr Gas aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien kompensiert.

-99,9%

Im Januar stammten nur noch 0,1 Prozent des von Deutschland importierten Erdöls aus Russland, teilte das Statistische Bundesamt Mitte März mit. Im selben Monat des Vorjahres seien es noch 36,5 Prozent gewesen. Die Öleinfuhr aus Russland habe sich binnen eines Jahres um 99,9 Prozent verringert und sei praktisch zum Erliegen gekommen. Deutschlands wichtigste Öllieferanten waren im Januar stattdessen Norwegen, Großbritannien und Kasachstan.

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Seit Jahresbeginn liefert Russland mehr Öl und Gas nach China als jedes andere Land. Mit 19 Prozent der Ölimporte setzte es sich vor Saudi-Ara­bien (17%) an die Spitze. Beim Gas blieben Katar, Turkmenistan und Australien nur die Plätze zwei bis vier. 2022 pumpte Russland durch die Pipeline „Kraft Sibiriens“ 15,5 Milliarden Kubikmeter Gas nach China – ein neuer Rekordwert. Allerdings: Nach Europa gingen 60 Milliarden, 2021 sogar noch 146 Milliarden.

22x

Indien, das Anfang 2022 nur zwei Prozent seiner Ölimporte aus Russland deckte, hat die entsprechenden Einfuhren im Verlaufe des Jahres auf das 22-Fache vervielfacht. Das sagte Alexander Nowak, der für den Energiesektor zuständige russische Vizepremier, auf einem Energieforum. Nach seinen Worten hätten die Einnahmen aus dem Rohstoffhandel im Vorjahr 42 Prozent des Staatshaushalts gedeckt (2021: 36%).

19%

Einsparungen haben wesentlich dazu beigetragen, dass Engpässe bei der Gasversorgung in den EU-Ländern vermieden werden konnten. Laut Eurostat sank der Gasverbrauch zwischen August und Januar durchschnittlich um 19 Prozent, verglichen mit dem Durchschnittswert der Vorjahre. In Deutschland waren es – auf das Gesamtjahr 2022 bezogen – 14 Prozent. Deutschland war bis zum Februar letzten Jahres mit Abstand größter Importeur russischen Gases. Europaweit deckte es im Schnitt rund 40 Prozent des Bedarfs, wobei die Tendenz steigend war. 

2040

Auch wenn Deutschland kein russisches Gas mehr bezieht, gilt das längst nicht für alle Nachbarländer. So importierte etwa Österreich laut Handelsblatt im Dezember 70 Prozent seines Gases aus Russland. Die Lieferungen über die Pipeline Transgas erfolgten wieder zu 100 Prozent, hieß es beim österreichischen Konzern OMV. Grundlage ist ein langfristiger Vertrag mit Gazprom, der 2018 bis 2040 verlängert worden war. Auch Italien erhält noch 20 Prozent seines Gases aus Russland. Ungarn einigte sich im August 2022 mit Gazprom auf einen neuen Vertrag, durch den sich die Liefermenge mehr als verdoppelte.

58 Mrd. US-Dollar

Der Rückzug aus Russland ist für westliche Öl- und Gaskonzerne kostspielig. Die russische Nachrichtenagentur Interfax taxiert die Verluste auf 58 Milliarden US-Dollar. Besonders schmerzlich traf es demnach BP (Großbritannien) mit 25,5 Milliarden Dollar, gefolgt von TotalEnergies (Frankreich) mit 14,8 Milliarden Dollar.

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Russland ist der zweitgrößte Exporteur von Flüssiggas in die EU (nach den USA). Im vergangenen Jahr stieg die Liefermenge um zwölf Prozent. Stammkunden sind vor allem Frankreich, Spanien und Bel­gien. Am LNG-Terminal im belgischen Zeebrugge, einer der wichtigsten Drehscheiben für Flüssiggas, kamen sogar 70 Prozent mehr russisches Gas an als 2021. Insgesamt wuchsen die LNG-Exporte aus Russland 2022 nach offiziellen Angaben um 7,9 Prozent.

Zusammengestellt von Tino Künzel

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