Der Kampf um die Krabben-Krone

Mitte April beschloss die bekannte Moderatorin Xenija Sobtschak, ins Krabben-Business einzusteigen. Doch ihr Vorhaben artete in einem Krimi aus, der Einblicke in einen hochprofitablen und gleichzeitig kriminell durchsetzten Wirtschaftsbereich zulässt.

Russische Meeresfrüchte sind vor allem im Ausland begehrt. (Foto: piqsels.com)

Xenija Sobtschak ist unbestritten eine Powerfrau. Und vieles, was die 38-Jährige in der Vergangenheit angepackt hat, ist ihr gelungen. Egal, ob als IT-Girl, Journalistin und auch als Geschäftsfrau. Sobtschak besaß oft den richtigen Riecher und konnte überzeugen.

Die neueste Geschäftsidee rief indes bei Beobachtern Verwunderung hervor und gab gleichzeitig Einblicke, wie verworren und kriminell das Business mit den Meeresfrüchten aus russischen Gewässern ist. Ende April erklärte Sobtschak, dass sie mehrere Millionen US-Dollar in Krabben investiert habe und dafür Teilhaberin der Fangfirmen Kurilskij uniwersalnyj komplex und Moneron werde. Sobtschaks Ziel: Sie will sich gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner, dem früheren Vizepräsidenten des Rohstoffgiganten Rosneft Igor Soglajew, die Krabben-Krone aufsetzen und zum führenden Produzenten des Meereskrebses werden.

Begleitet wurde Sobtschaks Geschäftsidee gleich von mehreren pikanten Beigeschmäckern. So gelangte Moneron kurz vor der Bekanntgabe auf die Liste der systemrelevanten Unternehmen. Diese umfasst Betriebe, die sich in der Coronakrise Staatshilfen erhoffen können. Dass Moneron plötzlich als systemrelevant galt, ist Ljudmila Narusowa zu verdanken. Sie sitzt nicht nur für die Republik Tuwa im Föderationsrat, sondern ist auch Sobtschaks Mutter. Ende Mai verschwand Moneron schließlich von der Liste.

Der Einstieg in den Markt kann gefährlich sein

Und es kam noch schlimmer, als ein Gericht die Aktiva der beiden von Sobtschak umworbenen Firmen einfror und so jedes Geschäft vorerst unmöglich machte. Von offizieller Seite heißt es, der Schritt sei notwendig gewesen, weil die Firmen immer noch dem flüchtigen Geschäftsmann Oleg Kan gehören würden. Der war bis zu seinem Untertauchen Russlands größter Krabbenhändler. Viele Beobachter vermuten deswegen, dass Gleb Frank, Inhaber von Russkij krab und aktueller Krabbenkönig, hinter der Kampagne gegen Sobtschak steht und ihr durchaus noch mehr Ungemach drohen kann.

In einem Gespräch mit dem Radio der „Komsomolskaja Prawda“ warnte der Journalist Wladimir Solowjow Sobtschak vor dem Einstieg in das Geschäft mit der roten Delikatesse: „Wenn ein bisschen Ahnung vom Krabbenbusiness hat, befürchte ich, dass man sie wohl umbringt. Und das, weil sie nicht nur in ein kriminelles, sondern hyperkriminelles Business eingestiegen ist. Sie versteht nicht, worauf sie sich eingelassen hat“, so Solowjows mahnende Worte.

Das Geschäft mit den Krabben ist hochprofitabel

Wer in Russland eine Lizenz zum Krabbenfangen hat, besitzt quasi eine Gelddruckmaschine. So solle Moneron etwa bei 23 Milliarden Rubel Jahresumsatz (290 Millionen Euro) zehn Milliarden Rubel (126 Millionen Euro) Gewinn abwerfen. Oleg Kan war einer der ersten, die dieses enorme Potential erkannten. Jahrelang hielten seine Unternehmen die größten Fangquoten der Branche. Er war derjenige, der begann, die Delikatesse in die Nachbarländer Japan, Südkorea und China zu exportieren. Dadurch wurde die Krabbe immer teurer und die Inhaber von Fangquoten zu Milliardären.

Das ging so lange gut, bis sich neue Player für den Markt interessierten. Ende 2018 sah sich Oleg Kan einer gigantischen Medienkampagne ausgesetzt. Staatliche Kanäle nannten ihn nicht nur den Krabbenkönig, sondern warfen ihm auch kriminelle Machenschaften vor. Schließlich nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Kan auf. Angeblich soll er 210 Millionen Rubel (2,6 Millionen Euro) unterschlagen haben. Im Zuge dieser Ermittlungen verschwand Kan aus Russland und hielt eine Zeit lang die Füße still.

Das Ringen um die Vorherrschaft geht weiter

Unterdessen musste er mitansehen, wie das Geschäft neu aufgeteilt wurde. Im Oktober 2019 wurden die Fangquoten schließlich erstmals seit Jahrzehnten auf einer Auktion neu vergeben. Für den Staat ein gutes Geschäft. Denn obwohl die Fangfirmen prächtig verdienen, landet von den Einnahmen kaum etwas beim Staat. So konnte er wenigstens 142 Milliarden Rubel (1,8 Milliarden Euro) einnehmen. Und verpflichtete sich gleichzeitig, in die Fangflotten zu investieren.

Während Kans Firmen bei der Auktion gut die Hälfte ihrer Quoten verloren, war Gleb Frank der große Gewinner. Wohl auch deshalb glauben viele Beobachter, dass Kan hinter der Investition Sobtschaks steht und diese eine Figur im Kampf des alten gegen den neuen Krabbenkönig um die Krone ist. Da hilft auch nicht, dass sie sich nach eigener Aussage bereits seit 2016 für Krabben interessiert.

Während der Kampf an der Spitze weiter undurchsichtig bleibt, haben sich die Mitarbeiter zu Wort gemeldet. In einem Brief an Wladimir Putin beschweren sie sich über den Druck von Polizei und Medien. Und sie bitten den Präsidenten, die Untersuchung schnell einzustellen, weil sonst 250 Menschen ihre Arbeit verlieren könnten.

Daniel Säwert

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