Dem Trend nach

Halal-Produkte sind im Trend: Keine Religion wächst derzeit so schnell wie der Islam. Auch Russland, in dem mehr als 20 Millionen Muslime leben, hat große Perspektiven in der Entwicklung der Halal-Indus­trie. Dabei geht es nicht nur um den wirtschaftlichen Gewinn, sondern auch um den geopoli­tischen Profit.

Halal-Fleisch aus Russland soll bald islamische Märkte erobern. (Foto: rais.tatarstan.ru)

Wenn sich Menschen muslimischen Glaubens streng an die Vorschriften ihrer Religion halten, dürfen sie lediglich auf Produkte zurückgreifen, die als halal gekennzeichnet sind. Der aus dem Arabischen stammende Begriff bedeutet etwa „erlaubt“, steht damit im Gegensatz zu „haram“ (verboten) und umfasst verschiedene Vorschriften, die sich aus dem Koran und der Sunna ergeben. Aus dieser Notwendigkeit erwächst sich ein weltweiter Markt für Produkte und Dienstleistungen, die nach Halal-Kriterien hergestellt wurden und deren Konsum damit für gläubige Muslime unbedenklich ist.

In Deutschland, wo der Anteil der muslimischen Bevölkerung etwa 6,5 Prozent beträgt, sind Halal-Produkte eher selten. Außerdem ist es verboten, Tiere nach Halal-Vorschriften zu schlachten, d. h. ohne Betäubung. Daher werden Halal-Produkte und vor allem Fleisch importiert. Meistens aus der Türkei. Dort werden unter anderem Halal-Gummibärchen von Haribo hergestellt, damit auch muslimische Kinder und Erwachsene froh sein könnten.

In Russland kam das Thema Halal-Produkte vor etwa 20 Jahren auf. Und bis vor kurzem blieben diese Diskussionen eher auf der regionalen Ebene. Aber nach dem Beginn der militärischen „Sonderoperation“ in der Ukraine und der Verhängung harter Sanktionen durch westliche Länder ist dieses Thema fast zu einer staatspolitischen Angelegenheit geworden. So wurde beispielsweise im vergangenen Juni auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg zum ersten Mal in der Geschichte des Forums eine eigene Sitzung diesem Thema gewidmet. Dies sollte zum Ausbau „der Zusammenarbeit im Bereich Halal mit den Ländern der islamischen Welt zum gemeinsamen Wohl und zur Erhaltung des Halal-Marktes“ beitragen, hieß es damals. Einen Monat zuvor wurden in Kasan, der Hauptstadt von Tatarstan, auf dem  14. Internationalen Wirtschaftsforum „Russland – Islamische Welt: KazanForum 2023“ die Entwicklungsperspektiven des Halal-Marktes auf höchstem Niveau diskutiert. Hochrangige Gäste aus islamischen Ländern waren auch beim KazanForum 2024 anwesend, das Mitte Mai stattfand.

Experten schätzen den Weltmarkt für Halal-Produkte auf mehrere Billionen Dollar. Dabei handelt es nicht nur um Lebensmittel, sondern auch um Tourismus, islamisches Bankwesen, Medikamente, Kleidung und vieles mehr. Was aber die Halal-Lebensmittelindustrie betrifft, so beträgt die Wachstumsrate 3,2 Prozent pro Jahr und übertrifft damit die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate des globalen Lebensmittelmarktes von 2,5 Prozent. Die Ausgaben der muslimischen Weltbevölkerung werden bis 2025 voraussichtlich 2,8 Billionen Dollar erreichen. Die derzeitige Nachfrage nach Halal-Produkten in den wichtigsten Exportländern beläuft sich auf mehr als 200 Milliarden Dollar.

Nach Ansicht von Sergej Katyrin, Leiter der russischen Industrie- und Handelskammer, kann Russland eine führende Rolle unter den Exporteuren von Halal-Produkten einnehmen. Seinen Worten zufolge sind die russischen Exporte von Halal-Produkten zwischen 2018 und 2023 bereits um 38 Prozent gewachsen. Katyrin nannte zwar keine konkreten Zahlen, beschrieb aber recht rosige Aussichten: Er schloss nicht aus, dass Russland innerhalb von fünf Jahren das Niveau der führenden Exportländer Brasilien, Indien, USA und Australien erreichen wird.

Alexej Karelski

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