Die alljährliche Valdai-Konferenz war schon oft ein Ort der Grundsatzreden. In diesem Oktober hat Präsident Wladimir Putin das Forum in Sotschi am Schwarzen Meer zu einer Standortbestimmung Russlands in der Welt genutzt. Die sieht er in einem Umbruch von nie dagewesenem Ausmaß – und er ist überzeugt, dass sein Land die richtigen Werkzeuge hat, um diesen zu meistern.
Seine Hauptthese: Radikalen Veränderungen kann nicht mit radikalen politischen Lösungen begegnet werden. Russland habe damit bereits genug leidvolle Erfahrungen gemacht. Zum einen habe die Sozialistische Revolution das Land in den Zusammenbruch geführt, obwohl es den Ersten Weltkrieg besser überstanden habe als manch anderes, zum anderen sei Russland nach dem Ende der Sowjetunion „Dogmatikern verschiedener Art“ zum Opfer gefallen, „sowohl Reaktionären als auch sogenannten Progressiven“.
„Aggressiver Dogmatismus“ in westlichen Staaten
„Eine Revolution ist kein Ausweg aus einer Krise, sondern ein Weg, sie zu verschlimmern“, so der Präsident. Die von den Bolschewisten aufgezwungenen gesellschaftlichen Umwälzungen vergleicht er mit aktuellen Tendenzen in westlichen Staaten. Ob Cancel Culture, Schutz von Minderheitenrechten oder der Kampf für Gleichberechtigung, für Wladimir Putin verbirgt sich dahinter ein Radikalismus, ein „aggressiver Dogmatismus am Rande der Absurdität.“
„Die gegenseitige Verflechtung der Völker bereichert zweifellos, Offenheit erweitert den Horizont“, so Wladimir Putin. Doch dies müsse natürlich und ohne Druck geschehen. Sonst führe es am Ende genau zum Gegenteil, nämlich der Ablehnung alles Fremden.
Staaten bleiben die wichtigsten Akteure
Und das war nicht die einzige Breitseite gegen den Westen. Der sei nämlich überdies dabei gescheitert, nach dem Ende des Kalten Kriegs eine Weltordnung unter seiner Vorherrschaft zu etablieren. Der „gegenwärtige Zustand der Welt“ sei ein Produkt genau dieses Versagens.
Und die Idee, dass durch Globalisierung und Digitalisierung die Bedeutung von Staaten abnehmen würde, sei nichts als eine Illusion geblieben. Gerade die Pandemie habe gezeigt, dass souveräne Staaten im Ernstfall die einzigen handlungsfähigen Akteure seien, so der Präsident.
Die adäquate politische Antwort auf die Umwälzungen in der Welt könne angesichts all dieser Erfahrungen nur eine Konservative sein.
Jiří Hönes