Russland – ein Modeland? Jung-Designer schicken sich an, die Welt anzukleiden

Russland ist berühmt für seine angeblich schönsten Frauen der Welt, gleichzeitig aber kein Schwergewicht in der Modewelt. Das versuchen junge Designer seit einiger Zeit zu ändern - mit ersten Erfolgen. Wenigstens auf dem russischen Binnenmarkt.

Die Ausgangssituation erschien zunächst wenig erbaulich. Der russische Modehistoriker und TV-Stilist Alexander Wassiljew, der selbst seit Jahren infolge seiner zahlreichen Reisen und Engagements im Ausland auch die französische Staatsbürgerschaft besitzt, sagte noch vor über zwei Jahren im Interview mit dem Freizeitportal Afisha: „Russische Mode gibt es nicht!“

Models laufen für die Moskauer Designerin Alena Akhmadulina. / Katya Alagich (flickr)

Models laufen für die Moskauer Designerin Alena Akhmadulina. / Katya Alagich (flickr)

Es gäbe zwar russische Stile und typische Materialien wie Pelz, Brillanten, Perlen, Mützen und besonders grelle Farbkombinationen, aber eben keine echten russischen Stoffe. Alle würden in Europa oder China eingekauft. Und klassische russische Motive und Muster wolle im Land selbst niemand tragen. Das war 2014.

Die Wirtschaftskrise der Folgejahre machte es den Designern hierzulande zunächst nicht viel leichter, zumal diese Medienberichten zufolge gerade Luxusartikel besonders hart traf. Nach Berechnungen der Consulting-Firma FCG soll der Umsatz auf dem gesamten russischen Modemarkt allein 2015 um neun Prozent eingebrochen sein. Gleichzeitig wurden jedoch Importe wegen des schwachen Rubels immer teurer und die Kunden veränderten mit der Zeit ihr Kaufverhalten, schrieb die russische Zeitung Wedomosti im September 2016. Sie kauften nun bewusster, weniger Einzelteile und tatsächlich zunehmend russische Marken, wie sie zum Beispiel die weit verbreitete Boutique Podium Market vertreibt. Und selbst entgegen seinem Namen „Ewropejskij“ sind mittlerweile auch in einem der größten Moskauer Einkausftempel russische Marken wie Black Star Wear, Vassa & Co, K. Karavaev sowie die Design-Boutique Matisse genauso vertreten wie Tommy Hilfiger, Calvin Klein, Lacoste usw.

Models laufen für die Moskauer Designerin Alena Akhmadulina. / Katya Alagich (flickr)

Models laufen für die Moskauer Designerin Alena Akhmadulina. / Katya Alagich (flickr)

Russland hat heute nicht nur seine eigene traditionelle Modewoche (21. bis 27. März 2017), sondern als Highlight auch eine eigene Mercedes Benz Fashion Week (12. bis 17. März), wo russische und ausländische Modemacher ihre neuesten Kollektionen präsentieren können. Am 4. Januar eröffnete in der Hauptstadt außerdem das erste Haus der russischen Mode, wo auf über 1000 Quadratmetern ausschließlich russische Modemarken präsentiert werden.

Im Januar 2017 klingt auch Modeexperte Wassiljew im Interview mit dem Wirtschaftsportal RBK zuversichtlicher: Perspektiven gäbe es für den russischen Markt „riesige! Aber nur für den Binnenmarkt.“ Darauf sollten sich auch die russi- schen Designer konzentrieren. Und überhaupt liege „die Zukunft der Mode“ ja im sogenannten Hipster- Stil aus dem Second-Hand-Laden.

Peggy Lohse

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