An der Moskwa wird aufgeräumt

In Moscow City ist Moskau ganz Weltstadt. Hier, westlich der Innenstadt am Ufer der Moskwa, kratzen einige der höchsten Bürotürme Europas an den Wolken. Doch was sich flussaufwärts daran anschließt, ist weniger vorzeigbar: Industriebrachen verschandeln Gegenden, die eigentlich attraktiv gelegen sind. Ein Megaprojekt unter dem Namen „Bolschoj City“ soll das jetzt ändern.

Fili-Grad spielt eine Vorreiterrolle innerhalb von „Bolschoj City“ © MR Group

Moskau ist eine der sich am dynamischsten entwickelnden Metropolen Europas. Einen neuen Meilenstein in dieser Richtung setzt das aktuell größte Infrastrukturprojekt der russischen Hauptstadt: „Bolschoj City“ (Große City). Der Generalplan von Moskau sieht vor, bis 2035 auf etwa 30 Quadratkilometern in der Umgebung von Moscow City neue Wohn- und Geschäftsbauten zu errichten. Dazu kommt soziale Infrastruktur. Die Kosten dafür belaufen sich in den kommenden 16 Jahren auf etwa 100 Milliarden US-Dollar.

Aus Grau wird Bunt

Im Zuge des Projekts entstehen auf rekultivierten Industrieflächen öffentliche Mehrzweckgebäude, Luxusapartments, Wohnungen im gehobenen und niedrigen Preissegment sowie Büroräume. Weiterhin werden 74 Kilometer Straße, 24 Kilometer Uferpromenade, zwölf neue Fußgängerbrücken und 26 Anlegestellen für Schiffe angelegt. Darüber hinaus sollen Grünanlagen das Flair eines hippen Stadtviertels erzeugen.

Die Arbeiten sind bereits im Gange und werden stetig auf neue Flächen ausgedehnt. Zuletzt kündigte das Staatliche Kosmische Forschungs- und Raketenproduktionszentrum M. W. Chrunitschew den Verkauf von Flächen im Stadtteil Filjowskij Park an: Sie sollen im Rahmen von „Bolschoj City“ neu entwickelt werden.

AHK mit neuem Sitz

In den schon bebauten Abschnitten werden erste Immobilien bereits genutzt. Die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer (AHK) hat 2018 für 3,5 Millionen Euro etwa 1000 Quadratmeter Bürofläche in der Wohn- und Büroanlage Fili-Grad, die Teil des Konzepts von „Bolschoj City“ ist, erworben. Es ist der größte Kauf einer Büroimmobilie durch einen ausländischen Investor seit 2014.

Obwohl das Projekt bereits angelaufen ist, gibt es nach wie vor Geschäftschancen für deutsche Unternehmen bei „Bolschoj City“. Vor allem in den Bereichen Landschaftsarchitektur, Urbanistik und Stadtbegrünung haben deutsche Büros noch immer einen Vorsprung vor ihren russischen Wettbewerbern und verfügen über entsprechende Referenzen und Vorzeigeprojekte.

Fährverkehr geplant

„Bolschoj City“ ist Teil eines langfristigen Programms zur Erschließung neuer Flächen in der russischen Hauptstadt. Bereits sieben von zehn Neubauwohnungen befinden sich auf sanierten Industriebrachen. Diese liegen meist in Gegenden entlang des Moskwa-Flusses und sind damit Filetstücke in Zentrumsnähe. Im Rahmen der Flächenentwicklung sollen in den kommenden Jahren etwa 11.000 Hektar Uferpromenade angelegt werden. Bisher blockieren stillgelegte Industriebetriebe noch den Zugang zur Moskwa.

Auch die Verkehrsinfrastruktur wird in den zu entwickelnden Gegenden den neuen Gegebenheiten angepasst. Neben der Eröffnung weiterer U- und S-Bahnstationen soll ab 2020 ein Fährverkehr auf der Moskwa eingerichtet werden. Bis zu zehn Schiffe sollen dann Fahrgäste zwischen sieben Uferabschnitten, darunter den Wohn- und Geschäftszentren Fili-Grad und Serdze Stolizy, befördern.

Hans-Jürgen Wittmann (GTAI)

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