Im Moskauer Museum Garage läuft gegenwärtig die erste russische Triennale Zeitgenössischer Kunst. Die Ausstellung versammelt Werke von 60 Künstlern aus 40 Städten. Dies ist das erste Kunstprojekt, das vom Leben der modernen Kunst in den russischen Regionen erzählt.
Die Grundidee ist ganz spontan entstanden: „Garage“-Museumsdirektor Anton Below und seine britische Chefkuratorin Kate Fowle fuhren auf Dienstreise nach Japan und machten unterwegs kurz in Wladiwostok Halt. Dort entdeckten sie eine kleine Galerie und waren überrascht von den dort ausgestellten niveauvollen Arbeiten. So stellten die beiden fest, dass es auch hinter der Moskauer Stadtautobahn MKAD Leben und sogar Zeitgenössische Kunst gibt. Die Triennale hat nun nicht nur einen, sondern gar sechs Kuratoren – jeder ist verantwortlich für eine bestimmte Region.
Ein alles verbindendes Thema hat die Ausstellung nicht, aber alle Exponate sollen dem „Zeitgeist“ entsprechen. Die Museumskuratoren ordneten die Stücke sieben grundlegenden Tendenzen zu, die wiederum auf alle Regionen zutreffen sollen. Ziel der Ausstellung war dabei nicht, das Rad neu zu erfinden, aber doch eine Vorstellung davon vermitteln, was zeitgenössische Künstler heute beschäftigt – von Kaliningrad bis nach Wladiwostok.
Die Abteilung „Kunst des Handelns“, in der Richtung „Aktionismus“, zeigt beispielsweise eine Installation mit dem bedrohlichen Titel „Monstrazija“ aus Nowosibirsk. „Monstrazija“ heißen besondere Umzüge, die anstelle der üblichen Mai-Parade zum Tag der Arbeit gehalten werden. Die „Monstranten“ skandieren dabei absurde Losungen und wurden damit zu einer der bekanntesten Kunstinitiativen der Region. Artjom Loskutow, Autor von „Monstrazija“, erklärt die große Resonanz damit, dass dies „der einzige echte Stadtfeiertag“ sei. „Die Menschen, die zu Monstrazija kommen, sind einfach kulturell über die heute übliche Erzählweise hinausgewachsen“, meint der Kunstaktivist. Die Moskauer Triennale zeigt nun Bilder und Videos der Aktionen. Außerdem stammt der knallpinke Banner von „Monstrazija“ – mit der Aufschrift: „Hier gibt’s für euch kein Moskau.“
Besonders viele Arbeiten sind dem Feminismus gewidmet. Einige Künstlerinnen wollen den Kern der Frau und die physiologischen Prozesse in ihrem Körper begreifen, andere streiten für gleiche Rechte. Die Künstlervereinigung „Nadjenka“ aus St. Petersburg hat sich beispielsweise auf handgestickte Losungen für Alltagskleidung spezialisiert. Aber selbst wenn jemand gern Unterhosen mit der Aufschrift „Abtreibung – mein Recht“ oder ein Kleid mit „Scheidung – mein Recht“ tragen wollte – die Stücke sind unverkäuflich. Der Saal „Meister-Figur“ zeigt auch Arbeiten von Künstlern, die die Zeitgenössischen inspirieren.
Die Triennale findet nicht nur im Museum, sondern auch im umliegenden Gorki-Park statt. Um die gesamte Schau wirklich eingehend zu betrachten, braucht man etwa zehn Stunden, warnen die Kuratoren. Entweder muss man im Voraus den Ausstellungsplan gut studieren und dann zielgerichtet starten. Oder einfach noch einen Tag auf der Triennale verbringen.
Von Ljubawa Winokurowa
Bis 14. Mai
Kunstmuseum Garage
Krimskij Wal 9/32
M Oktjabrskaja
(495) 645 05 20