Friedliches Miteinander mit Russland: Warum Herr Eichmann ins Kloster ging

Helmut Eichmann ist weit gelaufen, um seine Botschaft unter die Leute zu bringen. 400 Kilometer legte der Vorsitzende des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Bad Pyrmont neulich in 14 Tagestappen zu Fuß zurück, um ein Nachdenken über den Frieden in Gang zu setzen – und sich für bessere Beziehungen zu Russland einzusetzen. Der 68-jährige ehemalige Berufsschullehrer und heutige Rentner hofft auf die Medien, um möglichst viele zu erreichen.

Herr Eichmann, Ihr Friedensmarsch hat Sie von Niedersachsen nach Brandenburg geführt. Wen wollten Sie damit aufrütteln? Dass der Frieden ein hohes Gut ist, wird ja wohl niemand bestreiten.

Da mögen Sie recht haben. Aber ich sehe doch, was los ist. Man hat sich daran gewöhnt, dass Frieden ist, er wird als etwas Selbstverständliches betrachtet. Ich merke das bei den Veranstaltungen zum Volkstrauertag bei uns in Bad Pyrmont. Das Desinteresse ist schon relativ groß.

Der Frieden ist so fragil geworden, dass man für ihn eintreten muss?

Die Gefahren wachsen. In den letzten Jahren ist es zu erheblichen neuen Spannungen gekommen,  auch bei uns in Europa. Nehmen wir die Ukraine: Das sind doch schlimme Sachen, die dort passieren. Soweit ich das überblicken kann, wird dort ständig gekämpft, es sterben Menschen, es werden Sachwerte vernichtet. Oder ein anderes Beispiel: Vor einigen Jahren war die Bundeswehr noch bei einem jährlichen Festival für Militärorchester in Moskau auf dem Roten Platz zu Gast. Man hat da verschiedene Märsche aufgeführt, die Leute waren begeistert, es wurde nett darüber berichtet. Das war richtig freundschaftlich. So etwas wäre heute gar nicht mehr denkbar.

Endpunkt Ihres Fußweges war ein russisch-orthodoxes Kloster in Götschendorf nördlich von Berlin. Warum dieser Zielort?

Ich sehe doch die große Konfrontation zwischen dem Westen und Russland. Deshalb wollte ich ein Zeichen setzen für gutnachbarliche Beziehungen. Das Kloster schien mir eine gute und menschlich naheliegende Möglichkeit dafür zu sein.Bis nach Russland zu laufen, wäre ja auch zu weit gewesen. (Lacht)

Helmut Eichmann mit Abt Daniil im Kloster von Götschendorf, wo er nach eigenen Worten „sehr herzlich empfangen“ wurde. © Privat

Was für eine Wirkung versprechen Sie sich von Ihrem Marsch?

Mir geht es darum, eine möglichst hohe Resonanz zu erzielen. Da sind auch die Medien gefragt. Es kann gar nicht genug Berichterstattung geben, die hoffentlich dazu führt, dass die Bürger und die Politiker darüber nachdenken, wie man ein friedliches Miteinander hinbekommt. Wobei Frieden für mich nicht nur bedeutet, dass die Waffen schweigen, sondern dass man partnerschaftliche Beziehungen hat.

Was wäre denn eine Reaktion, an der Sie erkennen würden: Die Botschaft ist angekommen.

Ich habe keine politischen Rezepte und verurteile auch nicht bestimmte politische Aktionen. Mir ist wichtig, dass sich alle Seiten Gedanken machen, wie man vertrauens­bildende Maßnahmen ergreifen kann. Das wäre für mich Friedenspolitik. Und dass man verstärkt den Dialog sucht, mehr miteinander anstatt nur übereinander redet.

Wie steinig war Ihr Weg quer durch Deutschland?

Das war schon eine Herausforderung. Vor einem Jahr bin ich 370 Kilometer nach Heemstede gewandert, die niederländische Partnerstadt von Bad Pyrmont. Diesmal habe ich so viel wie möglich Wechselkleidung zu Hause gelassen, damit der Rucksack leichter ist. Alle Unterkünfte unterwegs haben mir die diversen Orte auf der Strecke zur Verfügung gestellt. Es gab immer auch eine kleine Zeremonie am jeweiligen Kriegerdenkmal, wo der Bürgermeister ein paar Worte gesprochen hat und wir an die vielen Millionen Kriegstoten erinnert haben. Fast überall war auch Presse da. Nur in die überregionalen Medien zu kommen, ist noch nicht so gelungen. Deshalb gehe ich mal davon aus, dass die großen Akteure wie Frau Merkel und Herr Putin wahrscheinlich nichts von meinem Marsch erfahren haben.

Wie die „Weserbergland Nachrichten“ schreiben, wurden Sie einmal von der Polizei gestoppt.

(Lacht) Ja, da hielt auf einer Landstraße plötzlich ein Streifenwagen neben mir. Personenkontrolle. Man hatte einen Hinweis bekommen, dass ein vermutlich „dementer älterer Herr“ hier herumläuft. „Und die Beschreibung trifft auf Sie zu.“ Aber wir haben uns dann sehr nett unterhalten. Einer der Polizisten sagte zum Schluss, auch sein Onkel sei in Russland gefallen.

Das Interview führte Tino Künzel.

 

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