Ende einer Online-Beziehung

Eigentlich sollte aus der Kooperation ein „russisches Amazon“ entstehen, doch nun wollen Yandex und die Sberbank offenbar getrennte Wege gehen. Die beiden Konzerne konkurrieren in vielen Geschäftsbereichen.

Trennung: die grüne Bank und der gelbe Internetkonzern (Foto: Maxim Blinow/ RIA Nowosti)

Der Internetkonzern Yandex und die Sberbank wollen offenbar ihre Kooperation beenden. Damit wird das Projekt, eine gemeinsame Handelsplattform aufzubauen, zu den Akten gelegt. Das Magazin „The Bell“ meldete Anfang Juni unter Berufung auf Quellen aus den Verhandlungsgremien, die beiden Unternehmen hätten beschlossen, die Zusammenarbeit bei den gemeinsam angebotenen Diensten zu beenden.

Konkret geht es um den Bezahldienst Yandex.Dengi und die Handelsplattform Yandex.Market. Aufgrund einer Gesetzesänderung im Jahr 2012 brauchte Yandex eine Partnerbank für seinen Bezahldienst. Nachdem die Verhandlungen zur Übernahme einer Bank gescheitert waren, beteiligte sich die Sberbank 2013 mit 75 Prozent an Yandex.Dengi.

Die Sberbank will Yandex.Dengi für sich allein …

Der Internetkonzern behielt einen Sperranteil von 25 Prozent und einer Aktie. Der Dienst ist heute die drittbeliebteste Online-Bezahlplattform in Russland. Es bestehen Kooperationen mit allen bedeutenden russischen Banken und der Dienst gibt auch eigene Karten aus. Trotz der Mehrheitsverhältnisse blieb der Name Yandex.Dengi stets bestehen.

Der „The Bell“-Meldung zufolge will die Sberbank nun auch die restlichen Anteile des Dienstes übernehmen. Yandex möchte im Gegenzug den Anteil der Sberbank an der gemeinsamen Handelsplattform Yandex.Market übernehmen. Der Dienst war bereits im Jahr 2000 gestartet worden. 2017 stieg die Sberbank mit 30 Milliarden Rubel (ca. 380 Millionen Euro) in das Unternehmen ein. Die Bank hielt damit 45 Prozent, weitere 45 Prozent verblieben bei Yandex, zehn Prozent gingen in einen Fonds für das Team über. Sberbank-Chef Herman Gref sprach damals von einem „russischen Amazon“, das aus der Kooperation entstehen könnte.

… und Yandex den Marktplatz

Im Mai 2018 brachte das Unternehmen die Handelsplattform Beru an den Start, die ähnlich wie eBay oder Amazon arbeitet: Sie dient als Vermittler zwischen Händler und Kunde, angeboten wird alles Denkbare von Kosmetik bis zu Autoteilen.

Yandex wird den Dienst jetzt alleine weiterentwickeln. Über die Gründe der Scheidung kursieren verschiedene Spekulationen. Gerüchte über eine mögliche Trennung gab es laut der Nachrichtenagentur „Interfax“ schon 2018. Im Jahr 2019 machte eine Meldung die Runde, die Sberbank wolle Anteile von Yandex übernehmen, um mehr Kontrolle über den Konzern zu bekommen. Die Führung dementierte dies umgehend.

Konkurrenz bei vielen Angeboten

Fakt ist, dass beide Unternehmen in vielen Geschäftsbereichen konkurrierende Angebote betreiben. Die Sberbank startete etwa 2019 eine Kooperation mit dem Internetkonzern Mail.ru, der unter anderem den Essenslieferdienst Delivery Club und die Taxi-App CityMobil betreibt. Mit Yandex.Eda und Yandex.Taxi hat der Internetriese zwei direkte Konkurrenzprodukte in Betrieb. Das könnte ein Anlass für die Trennung gewesen sein, zitiert das Magazin „vc.ru“ Boris Owtschinnikow, Geschäftsführer der Firma Data Insight. Zudem habe es sehr unterschiedliche Unternehmenskulturen und Entscheidungsprozesse bei der Sberbank und Yandex gegeben.

Am 11. Juni meldete dann die Zeitung „Kommersant“, dass die Sberbank 72 Prozent an dem Online-Kartendienst 2GIS übernehmen wird. Die bisherigen Anteilseigner, die Investmentfonds Baring Vostok und RTP Global, werden sich zurückziehen. Der Kartendienst steht ebenfalls in direkter Konkurrenz zu Yandex und ist vor allem im Osten Russlands populär. Damit habe das Unternehmen seine Position gegenüber Yandex weiter gestärkt, kommentierte das Blatt.

Es ist ein weiteres Anzeichen dafür, dass die einst vielversprechende Kooperation beendet wird. Geäußert haben sich die Unternehmen bislang nicht zu den Plänen.

Jiří Hönes

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