Gutes tun und Geld verdienen

Wie kann man sich sozial engagieren und dabei wirtschaftlich erfolgreich sein? Das kann man im Impact Hub im Zentrum Moskaus lernen. Die MDZ hat mit der Leiterin Jekaterina Chalezkaja über soziales Unternehmertun und die Rolle ihrer Einrichtung gesprochen.

Impact Hub

Der Impact Hub versteht sich als Ort des Lernens und des kreativen Austauschs © Jurij Fokin

Wie definiert sich soziales Unternehmertum?

Soziales Unternehmertum befasst sich mit Problemen im sozialen und ökologischen Bereich. Diese will ein Unternehmer mit Hilfe eines Geschäftsmodells lösen. Die Menschen, die im sozialen Unternehmertum tätig sind, wollen ihre Stadt, ihre Umgebung besser gestalten.

Wie verbreitet ist dieser Ansatz in Russland?

Es ist schon noch eine Nische. In dieser ist das soziale Unternehmertum aber relativ gut entwickelt. Der Begriff tauchte vor etwas mehr als zehn Jahren auf und wurde anschließend in Russland stark verbreitet und vorangetrieben.

Wir selbst organisieren jedes Jahr mit dem Social Impact Award einen Wettbewerb. In diesem Jahr haben über 100 Unternehmer teilgenommen, von denen 20 ausgezeichnet wurden. Zu den Preisträgern gehören unter anderem eine Bäckerei, die gezielt Menschen mit geistiger Behinderung einstellt, und ein Projekt, dass biologisch abbaubare Verpackungen herstellt.

Wie hoch ist der Jahresumsatz im Bereich soziales Unternehmertum?

Das ist schwer zu sagen. Das liegt in erster Linie daran, dass soziales Unternehmertum nicht genau definiert ist. Momentan macht das jeder für sich selbst. Nach langjährigen Forderungen wird jetzt ein Gesetz erarbeitet, dass bald in Kraft treten soll. Dann wissen wir mehr. 

Kommen wir zum Impact Hub. Was ist Ihre typische Klientel?

Es sind überwiegend junge Menschen ab 25 Jahren, die bereits erste Berufserfahrung haben. Die meisten von ihnen haben zuvor zwei bis drei Jahre im kommerziellen Bereich gearbeitet und sind dann zu der Erkenntnis gekommen, dass sie sich ihre Karriere doch anders vorstellen.

Dann gibt es aber auch ältere Menschen, die sich noch einmal versuchen wollen. Es sind Menschen, die sich und ihre Umgebung verändern wollen. Sie haben schon recht viel Erfahrung und wollen jetzt beginnen, anders zu handeln und nützliche Produkte und Dienstleistungen anbieten, die einen sozialen Beitrag leisten.

Welche Voraussetzungen muss ich mitbringen, wenn ich zu Ihnen komme?

Mehr als eine Idee braucht es nicht. Bei uns finden eine Reihe offener Veranstaltungen statt. Dort kann jeder hingehen und sich mit den Menschen und der Gemeinschaft vertraut machen.

Auch bei unserem Wettbewerb kann man lediglich mit einer Idee teilnehmen, selbst dann, wenn diese noch nicht sehr konkret ist.

Wie unterstützen Sie die Menschen bei der Unternehmensgründung?

Zunächst helfen wir den Menschen, ihre Idee zu konkretisieren. Am Ende erhält jeder ein individuelles Konzept. Wer sich entschließt weiterzumachen, bekommt einen Kurator an die Seite gestellt. Mit diesem geht es in den praktischen Teil. Es wird durchgespielt, wie man seine Idee zukünftigen Kunden gegenüber verkauft. Dann wird ausgesiebt, was passt und was nicht. Am Ende des dreimonatigen Programms hat man einen Prototyp seines Produktes. Wir geben den Menschen also etwas mit, mit dem sie anfangen können zu arbeiten.

Wie wird das finanziert?

Wir sind alle selbst als soziale Unternehmer tätig. Deswegen verstehen wir unsere Kunden sehr gut.

Die Programme, insbesondere der dreimonatige Starterkurs,  sind in der Regel kostenlos. Die meisten zukünftigen Unternehmer sind zu Beginn einfach nicht in der Lage zu zahlen. Deswegen arbeiten wir mit Partnern zusammen, das sind meist größere Unternehmen und Stiftungen. Außerdem haben wir eine Plattform, die wir für externe Veranstaltungen vermieten. Und dann gibt es noch das Co-Working. Wir entwickeln auch auf Bestellung von Firmen Programme, um deren Mitarbeiter für gesellschaftliche Projekte zu begeistern.

Der Impact Hub existiert seit 2013. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Positiv. In den letzten fünf Jahren haben wir eine Reihe Projekte an den Start gebracht, auf die wir sehr stolz sind. Insgesamt sind über 50 Unternehmen in unserem Inkubator entstanden und immer noch aktiv.

Außerdem haben wir es geschafft, eine Community von Unternehmern zu schaffen, die sich als Experten gegenseitig unterstützen und untereinander intensiv austauschen. Mit denen stehen wir in ständigem Kontakt. Es ist schön, dass nicht alle auseinandergehen.

Es freut mich zu sehen, dass unsere Absolventen erfolgreich sind und beständig neue Arbeitsplätze schaffen.

Und wie wird die Entwicklung weitergehen?

Soziales Unternehmen ist eine Wachstumsbranche in Russland. Es wird sich weiter ausdifferenzieren und dabei in neue Bereiche vorstoßen. Und die Idee wird in immer mehr Städten Fuß fassen.

Bei uns im Impact Hub läuft aktuell ein Experiment, bei dem wir untersuchen, wie soziales Unternehmertum in der Kreativ­industrie angewendet werden kann. Ich glaube, dass wir in diesem Bereich auf jeden Fall weiterarbeiten werden.

Die Fragen stellte Daniel Säwert

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