Gut aufgestellte Spezialisten: Russlands Hightech-Branche auf der Hannover Messe

Über 60 russische Unternehmen waren in diesem Jahr auf der Hannover-Messe, der Weltleitmesse der Industrie, vertreten. Russland präsentierte sein großes Potenzial in der Hightech-Branche. Bereits am ersten Tag wurden zahlreiche Verträge mit internationalen Partnern abgeschlossen.

Messe

Informationsgespräche am Stand der Stadt Moskau © Torsten Woitera

Jedes Jahr im Frühling öffnet die Hannover Messe, die größte Investitionsgütermesse der Welt, in der niedersächsischen Landeshauptstadt ihre Tore. An der Eröffnungszeremonie nahm auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, wie in jedem ihrer bisherigen zwölf Regierungsjahre, teil.

Auf insgesamt fünf Leitmessen – Integrated Automation, Motions & Drives (IAMD), Digital Factory, Industrial Supply, Energy und Research & Technology – präsentierten 2018 über 5800 Aussteller aus 75 Ländern ihre technischen Innovationen.

Aus Russland waren in diesem Jahr 66 Unternehmen und Forschungseinrichtungen, darunter 32 aus Moskau, angereist, die sich auf vier der fünf Leitmessen auf einer Gesamtfläche von 300 Quadratmetern präsentierten. Dies war eine Verdreifachung der Ausstellungsfläche gegenüber dem Vorjahr. Organsiert und betreut wurden die Stände vom Russian Export Center (REC). Die staatliche Institution unterstützt seit 2015 russische Unternehmen auf dem Weltmarkt. Die Stadt Moskau und die Republik Tatarstan waren mit eigenen Ständen vertreten, an denen sie ihre Aktivitäten bündelten.

Unter den russischen Ausstellern waren verschiedenste Branchen vertreten. Die Produktpalette reichte von innovativen Alarm- und Diebstahlsicherungsanlagen für Kraftfahrzeuge über Superkondensatoren aus nanoporösen Kohlenstoffmaterialien und Software-Systemen für die Überwachung von meteorologischen Auswirkungen auf die Hochspannungsleitungen bis hin zu Systemen für intelligente und umweltfreundliche Stromnetze.

Gemeinsamer Auftritt unter Gütesiegel

Ein Drittel der russischen Aussteller vermarktete in Hannover seine Produkte und Technologien unter dem gemeinsamen Gütesiegel „Made in Russia“. Diese Marke wurde 2017 vom Russian Export Center im Rahmen einer neuen Marketingstrategie entwickelt, die es sich zum Ziel gesetzt hat, russische Hersteller und deren Produkte auf dem internationalen Markt attraktiver zu machen.

Seit September vergangenen Jahres haben bereits 97 Unternehmen mit insgesamt mehr als 120 Produkten den Zertifizierungsprozess erfolgreich durchlaufen. Das Gütesiegel soll ausländischen Konsumenten einen hohen Qualitätsstandard garantieren und das Vertrauen in die russische Hightech-Produktion stärken.

„Russland haftet seit Langem das Image einer Ölmacht an, aber wir produzieren große Mengen an hochwertigen Gütern in sehr vielen verschiedenen Bereichen. Und solche Produkte sind heute besonders förderungswürdig“, erklärte Wera Podgusowa, leitende Direktorin für internationale Beziehungen von REC. Nun will sich Russland mit seinen innovativen Erzeugnissen als Hightech-Land auf dem Weltmarkt etablieren. „Im Vergleich zum Vorjahr konnten wir 2017 ein Exportwachstum von 22,5 Prozent im Nicht-Rohstoff- und Nicht-Energie-Sektor verzeichnen. Im Januar 2018 hat sich diese erfreuliche Tendenz fortgesetzt: Wir hatten 29,2 Prozent mehr Exporte in diesem Sektor im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt.“

Die Zahl russischer Aussteller ist gestiegen

Auch Wirtschaftsvertreter anderer Länder unterstrichen die Bedeutung des diesjährigen Auftritts der russischen Delegation. „Der Auftritt Russlands auf der Hannover-Messe 2018 zeugt vom großen ökonomischen Potenzial des Landes, man präsentiert zahlreiche innovative Produkte“, betonte Sonia Wedell-Castellano, Abteilungsleiterin für Forschung und Technologie der Deutschen Messe AG. „Wir hoffen auf eine erfolgreiche und zukunftsorientiere Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern. Dieses Jahr hat Russland die größte Ausstellerzahl seit 2013, als es Partnerland der Hannover-Messe war, und das ist sehr erfreulich“, erklärte Andreas Gruchow, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Messe AG.

Bereits am ersten Messetag wurden wichtige Verträge und Kooperationsabkommen zwischen russischen Unternehmen und deren internationalen Partnern abgeschlossen. So wurde nach der offiziellen Eröffnung des Standes der Stadt Moskau medienwirksam direkt vor den Kameras der versammelten Journalisten ein Liefervertrag zwischen der Unternehmensgruppe „Kosko“ und dem deutschen Maschinenhersteller Maschinen Log Pro GmbH unterzeichnet. Der Moskauer Produzent von Hightech-Bandsägemaschinen und Bandsägen präsentierte sich anschließend stolz. „Unsere Erzeugnisse konnten die deutschen Handelspartner durch ihre Qualität überzeugen, sie sind weltweit konkurrenzfähig“, sagte Sergej Matwejew, Generaldirektor von „Kosko“.

Neue Märkte werden erschlossen

Auch „Konkov’s Petro-Hydraulic drives“, ein Unternehmen aus Jekaterinburg, das sich auf Design, Herstellung und Wartung von Öl- und Gasanlagen spezialisiert hat, konnte bereits zu Beginn der Hannover-Messe Erfolge verkünden. Die Firma unterzeichnete einen Vertrag mit einem kolumbianischen Partner mit einem Gesamtvolumen von einer Million US-Dollar. Dadurch erhält „Konkov’s Petro-Hydraulic drives“ erstmalig Zugang zum lateinamerikanischen Markt. Auch für die Ölförderer aus Norddeutschland scheint das Unternehmen aus dem Ural interessant. Denn dessen Technologie hilft Kosten und Zeit zu sparen und verspricht eine Steigerung des Ertrages von 40 Prozent gegenüber herkömmlichen Technologien.

Sein zehnjähriges Jubiläum feierte „PetroKab“, ein Unternehmen aus St. Petersburg, am ersten Tag der Hannover-Messe. „PetroKab“ ist in Russland Marktführer im Bereich Kranführerkabinen und Kransteuerung per Joystick. Aber auch im Ausland kann das Unternehmen Erfolge vorweisen. Exportiert wird nach Polen, Litauen, Tschechien, Rumänien, Griechenland, Deutschland sowie in die Niederlande. Nach Hannover waren die Vertreter der Firma gekommen, um langjährige Kollegen wiederzusehen und neue europäische Handelspartner zu finden. „Es ist ein Höflichkeitsbesuch für uns“, sagte Sergej Fedorow, der Inhaber des Unternehmens.

Der Ausblick ist positiv

Gute Zukunftsaussichten hat auch das Startup „Anisoprint“, das innovative Lösungen für den 3D-Druck herstellt. Das Unternehmen ist auf dem Gelände des Moskauer Innovationszentrums Skolkowo angesiedelt, das als russisches Silicon Valley gilt. Die auf der Messe präsentierten 3D-Drucker erzeugten Details, die hochfestes Carbon-Armierungsgewebe enthalten. Dadurch sind sie zwanzigmal widerstandsfähiger als gewöhnliches Plastik, dabei aber dennoch sehr leicht. Möglichen Anwendungsbereiche für solche Bestandteile sind äußerst vielseitig. Sie werden zum Beispiel im Flugzeug- und Autobau aber auch in der Medizin bei der Herstellung von Prothesen verwendet. „Im Mai werden wir unseren ersten industriellen Drucker, dessen Arbeitsfläche 40×40 Zentimeter beträgt, präsentieren“, verriet Fjodor Antonow, Generaldirektor von „Anisoprint“. Große Unternehmen wie Airbus, Siemens und Schaeffler haben bereits ihr Interesse bekundet. Erste Geschäftstreffen sind nach der Hannover Messe geplant.

„Russlands Teilnahme an der Hannover-Messe 2018 ist ein Erfolg“, sagte Podgusowa. „Unser Ziel ist und bleibt, russische Produzenten auf dem Weltmarkt zu unterstützen sowie die Welt über die Modernisierung und das riesige Exportpotenzial der russischen Wirtschaft zu informieren.“ Auf der diesjährigen Messe veranstaltete das Russian Export Center ein breites Rahmenprogramm mit zahlreichen öffentlichen Vorträgen, Treffen und Diskussionsrunden für Vertreter der russischen und der deutschen Wirtschaft.

Olga Kruglova

 

Newsletter

    Wir bitten um Ihre E-Mail: