Spuren einer Zarin

Geboren als Prinzessin Sophie Augustine Friederike von Anhalt-Zerbst, schaffte es Katharina II. auf den russischen Thron. Während ihrer Regentschaft von 1762 bis 1796 verwandelte sie das Russische Reich in einen aufgeklärten Staat. Für ihre Leistung erhielt sie als einzige Herrscherin den Beinamen „die Große“. Bis heute kann man in russischen Städten Spuren Katharinas der Großen finden.

Katharina II. hat Russland nachhaltig geprägt. (F.Rokotow/ WikiCommons)

Winterpalast

Die Jordantreppe im Winterpalast (P. Manuschin/ RIA Novosti /WikiCommons)

St. Petersburg, die damalige Hauptstadt des Russischen Reiches, ist eine Stadt voller Schlösser. Viele davon tragen die Namen ehemaliger Zaren, Katharina II. ist aber nicht darunter. Ihr Name ist vielmehr mit dem berühmtesten Schloss, dem Winterpalast direkt am Ufer der Newa, verbunden. Das erste Gebäude von Peter I. wurde von seinen Nachfolgern immer wieder umgebaut und erweitert. Auch Katharina profilierte sich als Bauherrin, vor allem bei der Gestaltung des Thronsaals und der Bibliothek.

Die bedeutendste Leistung ist aber unzweifelhaft die Gründung der Eremitage, dem größten Museum Russlands und einem der bedeutendsten der Welt. Den Grundstock legten 225 Gemälde des Berliner Kunsthändlers Johann Ernst Gotzkowsky 1764. Ein Jahr später kaufte sie fast 1000 Bilder aus der Gemäldesammlung des sächsischen Grafen Brühl. Ursprünglich waren die Kunstwerke in abgelegenen Räumlichkeiten des Palastes untergebracht, daher auch der Name Eremitage. Das bedeutet auf Französisch so viel wie „Ort der Abgeschiedenheit“. Später befahl Katharina, östlich des Palastes einen Anbau für die Sammlung zu errichten. Heute besuchen über vier Millionen Menschen jedes Jahr die Eremitage.

Kostroma

Aus der Luft ist die Fächerform von Kostroma gut zu erkennen. (Foto: gradkostroma.ru)

Katharina II. begnügte sich nicht mit dem höfischen Leben in St. Petersburg. Als Staatsoberhaupt wollte sie wissen, wie es denn in ihrem Reich aussah. 1767 unternahm Katharina eine 1500 Kilometer lange Reise auf der Wolga, von Twer bis ins heutige Uljanowsk. Dabei machte sie auch Station in der alten Handelsstadt Kostroma, der Wiege des Hauses Romanow. Dort besuchte sie das berühmte Ipatjew-Kloster und zahlreiche Kirchen. Zu Ehren des Besuchs empfingen die Bürger die Zarin mit einem riesigen Feuerwerk. Katharina bedankte sich auf ihre Weise und verlieh Kostroma ein neues Stadtwappen. Seitdem ist die Galeere „Twer“, mit der Katharina unterwegs war, das Erkennunsgzeichen Kostromas. 

Bis heute hält sich hartnäckig die Legende, dass Kostroma nicht nur sein Wappen, sondern auch seinen Grundriss der Zarin zu verdanken hat. Katharina soll ihren Fächer auf einen Stadtplan geworfen und befohlen haben, die Straßen danach auszurichten. Doch höchstwahrscheinlich hatte die Stadt schon im 17. Jahrhundert ihr markantes Straßennetz. Sicher ist, dass Kostroma dank Katharina an Bedeutung gewann. 1778 wurde der Ort zur Hauptstadt eines eigenständigen Gouvernements erhoben. 

Potjomkinsche Dörfer

Feuerwerk für die Zarin: Wenigstens das war echt (Foto: Jan Bogumi Plersz/ WikiCommons)

Eine weitere Reise wurde auch über die Grenzen des Russischen Reiches bekannt. Im Jahr 1787 machte sich Katharina auf gen Süden auf die Halbinsel Krim. Die Zarin wollte das kurz zuvor eroberte Gebiet Neurussland inspizieren. Was Katharina dort sah, dürfte ihr gefallen haben – reiche Siedlungen, schöne Gebäude, russische Truppen und zufriedene Bewohner. Der Wohlstand überraschte auch ausländische Mitreisende wie den österreichischen Kaiser Joseph II.

Doch der Schein trügte wohl. Fürst Grigorij Potjomkin, verantwortlich für die Erschließung des Südens und Liebhaber der Zarin, soll die blühenden Landschaften erfunden und entlang der Reiseroute Attrappen aufgestellt haben. Die Häuser und die glücklichen Menschen – alles nur ein riesen Schwindel? Heute gehen Historiker davon aus, dass sich Neider des Fürsten die potjomkinschen Dörfer als Rache am Fürsten ausgedacht haben. Ob wahr oder nicht – der Begriff „potjomkinsche Dörfer“ hat eine Weltkarriere hingelegt, als Synonym für die Vortäuschung von Tatsachen. 

Jekaterinburg

Metropole an der imaginierten Grenze. Jekaterinburg ist Russlands Fenster nach Asien. (Foto: A. Savin/WikiCommons)

Seinen Namen hat Jekaterinburg der Zarin Katharina I., der zweiten Frau Peters des Großen, zu verdanken. Für die Entwicklung der Stadt an der Grenze zwischen Europa und Asien spielte aber Katharina II. eine bedeutende Rolle. Die Deutsche verlieh dem Ort 1781 Stadtrechte und gleichzeitig auch sein Stadtwappen. Den Aufstieg vom verschlafenen Nest zu einem bedeutenden Handelsort verdankt Jekaterinburg dem Sibirischen Trakt. Im Jahr 1763 wurde die Stadt an die Heer- und Handelsstraße, die von Moskau nach Sibirien führte, angeschlossen. Jekaterinburg wurde dadurch zu einem Mittler zwischen Ost und West. So wie Peter der Große einst das Fenster nach Europa öffnete, schuf Katharina die Große in Jekaterinburg das Fenster nach Asien. 

Zarizyno

Jeden Herbst lädt der IVDK zum Katharinenball ins Schloss Zarizyno. (Foto: Alexander Kucharenko)

Katharina hinterließ auch in Moskau ihre Spuren. 1775 kaufte sie das Landgut Tschornaja Grjas (Schwarzer Schlamm) südlich der Stadt. Entdeckt hatte sie das Gelände bei einem Spaziergang und beschloss, hier einen Landsitz zu errichten und nach sich selbst Zarizyno (Ort der Zarin) zu bezeichnen. Gemeinsam mit ihrem Liebhaber Potjomkin verbrachte die Zarin die Sommer hier. Das Schloss wurde zu Katharinas Lebzeiten mehrfach umgebaut. Eines aber blieb konstant – Zarizyno war ein Ort, an dem ausgiebige Feste gefeiert wurden.

Im Jahr 2015 beschloss der Internationale Verband der deutschen Kultur (IVDK) die Balltradition wieder aufleben zu lassen. Haben doch die Russlanddeutschen eine besondere Beziehung zur Zarin. Schließlich war sie es, die die deutschen Siedler nach Russland einlud. Im nunmehr siebten Jahr lädt der IVDK im Herbst (dieses Jahr am 11. September) zum Großen Katharinenball ein. Eine Nacht lang tauchen die Gäste in das höfische Leben des 18. Jahrhunderts ein – mit Tänzen und Musik aus der Zeit Katharinas der Großen. 

Warwara Rjabowa

Newsletter

    Wir bitten um Ihre E-Mail:

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert