Russlands Internationalmannschaft bei Olympia 2014

In diesen Tagen wird in Russland an die Olympischen Winterspiele von Sotschi vor zehn Jahren erinnert. Das Portal Sports.ru beschäftigt sich unter der Überschrift „Wie Ausländer unseren Sport umgekrempelt haben“ mit einem Aspekt, der in der Rückschau meist zu kurz kommt. Hier eine gekürzte Fassung des Artikels.

Der Südkoreaner Viktor Ahn zog 2011 nach Russland, erhielt die russische Staatsbürgerschaft und gewann in Sotschi vier Medaillen im Shorttrack, darunter drei goldene. (Foto: Wikimedia Commons)

Nach dem Reinfall bei den Winterspielen von Vancouver 2010 (nur drei Goldmedaillen, ein zweistelliger Platz in der Mannschaftswertung) waren selbst aus dem Kreml harsche Worte zu hören, Stichwort Konsequenzen. „Wer für die Vorbereitung auf die Olympiade verantwortlich war, muss auch jetzt die Verantwortung übernehmen“, tobte nach den Spielen der damalige Präsident Dmitri Medwedew.

„Die Verantwortlichen sollten Mumm genug haben, um zurückzutreten. Wer das nicht kann, dem werden wir dabei helfen. Nach dem, was in Vancouver passiert ist, müssen wir die Vorbereitung unserer Sportler kardinal verändern. Lange Jahre haben wir noch vom sowjetischen Potenzial profitiert. Doch das ging irgendwann zu Ende. Jetzt müssen wir uns Gedanken machen. Im Mittelpunkt muss der einzelne Sportler stehen, nicht der Verband.“

„Medaillen vom ersten Tag an“

Wie in Sotschi Medaillen geholt werden könnten, darüber begann man sich im Sportministerium und in den Verbänden sofort nach Vancouver den Kopf zu zerbrechen. Zumal im staatlichen Programm zur Weiterentwicklung des Sports die „Aufgabe zur Erreichung des ersten Platzes in der inoffiziellen Mannschaftswertung bei den 22. Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi“ genannt wurde.

„Mir war klar, dass ein Ergebnis hermuss“, bekannte der Sportminister jener Tage, Witali Mutko, neulich im Interview mit „Match TV“. „Nicht, dass ein Damoklesschwert über uns gehangen oder jemand ausdrücklich gesagt hätte: Wir müssen Erster werden. Aber jeder wusste, dass wir erfolgreich abschneiden müssen. Alle wollten Medaillen vom ersten Tag an.“

83 ausländische Trainer beschäftigt

Als ein Weg (nicht der einzige, aber ein wichtiger), wie dieses Ergebnis erreicht werden könnte, wurde entschieden, Ausländer – Trainer und Sportler – vertraglich zu binden. Eine simple Gegenüberstellung verdeutlicht die Relationen: Vor Vancouver 2010 waren vier ausländische Trainer in den entsprechenden russischen Auswahlmannschaften tätig. Vor Sotschi 2014 waren es 83.

Die Wahl fiel auf Sportarten, in denen Russland deutlich hinterherhinkte, sei es bei den Resultaten (Ski alpin, Skispringen), bei der Methodik (Ski Freestyle, Snowboard, Eisschnelllauf), der Technologie (Rennschlitten, Bob) oder beim Image (Biathlon, Skilanglauf nach Dopingskandalen). Das waren nicht einfach prominente Namen, sondern echte Koryphäen, die unseren Sport umgekrempelt haben.

Überragende Medaillenbilanz

Am Geld wurde nicht gespart. Die Verbände konnten fast unbegrenzte Möglichkeiten bieten: Trainingslager an jedem Ort der Welt, ideale Bedingungen, die teuerste Ausrüstung und natürlich tolle Verträge. Der Auftrag war eindeutig – Medaillen zu gewinnen und Sportler sogar in nicht unbedingt naheliegenden Sportarten auszubilden.

Das Fazit der Verpflichtung solcher Trainer war überragend: Die Sportler, mit denen sie gearbeitet hatten, holten für Russland 21 von 33 Medaillen, darunter sieben von 13 Goldmedaillen.

Einbürgerungen späterer Sieger

Der zweite Punkt im Projekt, dem russischen Sport bei der Olympiade auf die Sprünge zu helfen, war die Einbürgerung ausländischer Sportler. Das hatte einen maximalen Effekt, obwohl sich der Prozess selbst aus heutiger Sicht chaotisch ausnimmt.

In Sotschi gewannen eingebürgerte Sportler sieben der 13 russischen Goldmedaillen und es waren drei erstaunliche Volltreffer dabei. (Anm. d. Red.: Sports.ru nennt den dreifachen Shorttrack-Olympiasieger Viktor Ahn aus Südkorea sowie den Snowboarder Vic Wild aus den USA und die Eiskunstlauf-Paarläuferin Tatjana Wolossoschar aus der Ukraine mit jeweils zwei Siegen.)

Die Begeisterung für Ausländer ließ nach Sotschi schnell nach – in erster Linie, weil kein Geld mehr für sie da war. Bei den Olympischen Winterspielen 2018 waren noch 35 ausländische Trainer beschäftigt, vier Jahre später 18. Heute sind es ganze fünf. Alle kommen sie aus Slowenien und arbeiten mit Russlands alpinen Skiläufern.

Übersetzt von Tino Künzel

https://www.sports.ru/tribuna/blogs/allresp/3220158.html

Newsletter

    Wir bitten um Ihre E-Mail: