Alles geht, nichts fährt

Zumindest nicht ganz zu, aber auch nur halb offen: Seit Finnland seine Grenze zu Russland geschlossen hat, ist der russisch-estnische Grenzübergang Iwangorod-Narva eine der letzten Möglichkeiten, auf dem Landweg in die EU und wieder zurück zu gelangen. Doch seit 1. Februar ist das schwieriger geworden.

Dieses Panorama mit der Hermannsfeste (links), der Iwangoroder Festung (rechts) und der Grenzbrücke dazwischen kann sich sehen lassen. (Foto: Tino Künzel)

Einen Wettbewerb um den fotogensten Grenzübergang würde die Brücke über die Narva zwischen zwei mittelalterlichen Burganlagen wohl locker gewinnen. Die Hermannsfeste aus dem 13. Jahrhundert (estnische Seite) und die Iwangoroder Festung aus dem 15. Jahrhundert (russische Seite) legen Zeugnis ab von der wechselvollen Geschichte dieses Fleckens, wo unter anderem auch Dänen, Schweden und Deutsche ihre Spuren hinterlassen haben.

Noch im 20. Jahrhundert gehörten beide Ufer die weitaus längste Zeit den jeweils selben Staaten an. Heute weht am Ostufer der Narva die russische Fahne, am Westufer nicht nur die estnische: Seit Estland 2004 der EU und der Nato beigetreten ist, sind es noch zwei mehr. Die politische Grenze zwischen Ost und West – sie verläuft hier.

Statt einem Bus jetzt zwei

Tallinn und Moskau, so scheint‘s, haben sich noch weniger zu sagen als Moskau und Brüssel, Berlin oder Washington. Die meisten Russen lässt Estland gar nicht mehr ins Land. Doch immerhin: Während die finnisch-russischen Grenzübergänge schon mehrere Monate dicht sind, läuft hier – buchstäblich – der Betrieb noch. Denn seit 1. Februar ist eines der letzten Nadelöhre zwischen Russland und der EU für den Autoverkehr gesperrt.

Nichts geht mehr? Vor allem fährt nichts und niemand mehr. (Foto: Tino Künzel)
Hier kommen nur noch Fußgänger von einer Seite auf die andere. (Foto: Tino Künzel)
Das Abfertigungsgebäude in Narva erinnert an eine Turnhalle. (Foto: Tino Künzel)
Auf russischer Seite wirkt alles ziemlich provisorisch. (Foto: Tino Künzel)
Einst wurde sie „Brücke der Freundschaft“ getauft, doch den Namen hört man immer seltener. (Foto: Tino Künzel)

Die russische Seite hatte bereits im Herbst eine groß angelegte Rekonstruktion angekündigt. Zumindest aber können Fußgänger den Grenzübergang weiter passieren. Sogar die Busse zwischen Tallinn und St. Petersburg verkehren noch: Einer bringt die Passagiere bis zur Grenze, einer holt sie auf der anderen Seite wieder ab. Dazwischen müssen die Grenzgänger darauf gefasst sein, dass die estnischen Beamten höflich, aber bestimmt nach sanktionierten Waren im Gepäck suchen. Und dass die russischen Grenzer einen rauen Ton an den Tag legen. Aber damit wäre ja eigentlich schon wieder alles beim Alten.

Tino Künzel

Newsletter

    Wir bitten um Ihre E-Mail: