Mosfilm: Vom Weißen Tiger bis zum Goldenen Bären

Ende Januar jährte sich das Bestehen des Filmstudios Mosfilm zum 100. Mal. Einer der größten Filmkonzerne Europas verfügt über mehr als 30 Hektar Land auf den Sperlingsbergen im Südwesten Moskaus. Das Gelände ist im Rahmen zahlreicher Führungen zu besichtigen. Was gibt es dort für Besucher zu sehen?

Auf dem riesigen Mosfilm-Gelände gibt es Plätze mit eigenem Namen. (Foto: AGN Moskwa)

Der Tiger

Am Eingang zu Mosfilm steht in nur fünfhundert Metern Entfernung von der deutschen Botschaft in Russland ein „Tiger“. Das ist eine genaue Kopie des deutschen Panzers, eins zu eins. Gut sichtbar von der Mosfilmowskaja-Straße aus. Dieses Modell wurde speziell für den Film des Regisseurs und Generaldirektors von Mosfilm Karen Schachnasarow „Der weiße Tiger: die große Panzerschlacht“ (2012) angefertigt. Der Filmstory nach ist der deutsche „Weiße Tiger“ schwer fassbar und unbesiegbar. Selbst nach der Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde durch Deutschland behauptet die Hauptfigur des Filmes, dass, solange der „Weiße Tiger“ nicht vernichtet wurde, der Krieg nicht zu Ende sei. Und er ist bereit, auch zwanzig oder gar hundert Jahre zu warten, um ihn letztendlich zu vernichten …

Das Modell für den Film „Der Weiße Tiger: Die große Panzerschlacht“ (Foto: Olga Silantjewa)

Das Museum

Dieses ausgestellte Modell war jedoch aus technischen Gründen bei den Dreharbeiten nicht dabei. Die Gewerke, die den Panzer angefertigt hatten, übergaben ihn an das Museum von Mosfilm. Ein sowjetischer und ein amerikanischer Panzer der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts leisten ihm Gesellschaft.

Aber die Hauptausstellung des Museums befindet sich gleich nebenan, in einem kleinen Gebäude. Hier sind tausende Requisiten und Gegenstände der sowjetischen und russischen Filmkunst zusammengetragen worden, die bei Mosfilm entstand, aus den Lieblingsfilmen, die alle in der UdSSR Geborenen kennen. Der Helm Alexanders des Großen aus der Komödie „Gentlemen der Erfolge“ (1971), Ballkleider aus „Krieg und Frieden“ (1966), der Mercedes aus dem Fernseh-Zwölfteiler „Siebzehn Augenblicke des Frühlings“ (1973) … Dieses deutsche Auto aus dem Jahre 1938 befindet sich jedoch im Moment bei Dreharbeiten zu einem neuen Film.

Im ersten Ausstellungsraum befindet sich das riesige Modell des Filmstudios. Die Museumsführerin erzählt, wie das Studio gewachsen ist. Der erste Film kam am 30. Januar 1924 in die Kinos. Dieses Datum gilt auch als Gründungstag von Mosfilm.

Das Modell des Filmstudios (Foto: Olga Silantjewa)

Anfangs befand sich das Filmstudio mitten im Zentrum Moskaus, aber 1927 stellte man ihm Land am Stadtrand zur Verfügung. 1931 war der Pavillon Nummer 1 im Stile des Konstruktivismus fertiggebaut. Die Form des Hauptgebäudes erinnert an ein Flugzeug. Bis heute wird das Studiogelände weiter bebaut. Vor ein paar Monaten wurde ein Komplex für Filme und Konzerte sowie der Pavillon Nummer 17 für Dreharbeiten eröffnet.

Das neue Mosfilm-Gebäude für Filme und Konzerte, das Ende Sommer 2023 fertiggebaut wurde (Foto: AGN Moskwa)

Altes Moskau und St. Petersburg

Im Zentrum des Mosfilm-Geländes stehen die Kulissen des alten Moskaus und des alten St. Petersburgs auf einer Fläche von mehr als einem Hektar unter freiem Himmel. Das „alte Moskau“ wurde 2003 für den Film „Der Reiter mit dem Namen Tod“ von Karen Schachnasarow aufgebaut. Nach Beendigung der Dreharbeiten beschloss man, die Kulisse nicht abzubauen. Danach sind hier über hundert Filme gedreht worden. Darunter die Fernsehserie „Doktor Schiwago“ (2005) und „Der Weiße Tiger“. Für den verwandelte man das „alte Moskau“ in eine zerstörte europäische Stadt am Ende des Zweiten Weltkrieges.

Für die Dreharbeiten zum Film „Anna Karenina“ im Jahre 2015 wurde die Kulisse zum Teil umgebaut und restauriert. Dort errichtete man majestätische Gebäude nach dem Vorbild St. Petersburgs. In den 10-15 Minuten, die die Museumsführerin den Besuchern gibt, können sie in die Atmosphäre der alten russischen Hauptstädte eintauchen. Der Kontrast sticht ins Auge: Moskau wirkt ärmer und bescheidener als St. Petersburg.

Manchmal ist dieser Ort für Besucher gesperrt. Das bedeutet, dass in diesem Moment ein neuer Film gedreht wird. Übrigens hat man hier vor kurzem einen Film über die DDR gedreht. Er ist aber noch nicht in den Kinos.

Pavillion für Dreharbeiten

Wenn die Freiluftkulisse am Tage der Führung gesperrt ist, werden den Besuchern andere Objekte im Filmstudio angeboten. Obligatorisch ist der Besuch eines Drehpavillons oder einer Halle, wie es im Deutschen heißt. Das kann ein Pavillon sein, der wie eine orthodoxe Kirche ausgestattet ist. In echten Kirchen sind in Russland Dreharbeiten verboten. Deshalb richtete man 2010 bei Mosfilm den Pavillon Nummer 14 als Kirche ein. Zu welcher Stilrichtung sie gehört, ist nicht genau zu sagen, hier lassen sich Motive verschiedener Epochen erahnen. Vor dieser Kulisse sind Szenen für verschiedene Filme und Clips gedreht worden. Auf Wunsch des Regisseurs kann man die Ikonen auswechseln.

Die Drehkulisse „Kirche“ (Foto: Olga Silantjewa)

Andere Kulissen werden nach Beendigung der Dreharbeiten vernichtet. Einen Filmpark, wo man die Kulissen und die Requisiten nach den Dreharbeiten besichtigen kann, so wie im Filmpark „Babelsberg“ in Potsdam, gibt es in Russland noch nicht.

Das Hauptgebäude

Im Erdgeschoss des Hauptgebäudes gibt es eine kleine Museumsausstellung. Die kann man beim Besuch verschiedener Veranstaltungen zu Gesicht bekommen, zum Beispiel bei der jährlichen Neujahrsvorstellung für die Kinder. Aber ohne die Erklärung des Museumsführers sagen die Exponate kaum jemandem etwas.

Nehmen wir die Skulptur „Arbeiter und Kolchosbäuerin“. Sie ist immer im Vorspann zu Filmen von Mosfilm zu sehen. Sie erschien erstmalig im Film „Frühling“ (1947) von Grigori Alexandrow. Allerdings ist im Vorspann vor dem Hintergrund des Spasski-Turms nicht die 25 Meter hohe Skulptur von Vera Muchina zu sehen, die an der WDNCh steht, sondern eine speziell für Mosfilm angefertigte verkleinerte Kopie. Und genau diese steht jetzt in der Vitrine des Pavillons Nummer 1.


Die Skulptur „Arbeiter und Kolchosbäuerin“ (Foto: Olga Silantjewa)

Oder die Auszeichnungen und Preise Mosfilms. Darunter drei Oscars für „Krieg und Frieden“ (1969) von Sergej Bondartschuk, „Uzala, der Kirgise“ (1976) des japanischen Regisseurs Akiro Kurosawa und Wladimir Menschows „Moskau glaubt den Tränen nicht“ (1981). Den Goldenen Bären der Berlinale erhielt der Film „Aufstieg“ (1977) von Larissa Schepitko.

In der Führung enthalten sind auch die beweglichen Kulissen des Films „Wij“ (1967), gedreht nach einer Novelle von Nikolaj Gogol. Er war der erste sowjetische Horrorfilm und das erste Werk, das mithilfe einer automatisch steuerbarer Kulissen entstand. Er wurde ein Kassenschlager. 1968 sahen ihn über 32,6 Millionen Zuschauer.

Ende Januar jährte sich das Bestehen des Filmstudios Mosfilm zum 100. Mal. Einer der größten Filmkonzerne Europas verfügt über mehr als 30 Hektar Land auf den Sperlingsbergen im Südwesten Moskaus. Das Gelände ist im Rahmen zahlreicher Führungen zu besichtigen. Was gibt es dort für Besucher zu sehen?
Die erste steuerbare Kulisse in der UdSSR – des Films „Wij“ (Foto: Olga Silantjewa)

Die Führung ist sehr lehrreich. Man kann sie in einer Gruppe für 840 Rubel besuchen. Gruppenführungen finden zweimal pro Tag statt. Aber es gibt auch individuelle Führungen. Altersbegrenzung: 10+

Mehr: www.mosfilm.ru (es gibt eine englische Version)

Olga Silantjewa

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