Neue Runde im EU-Gazprom-Poker

Eine Klage des polnischen Energieriesen PGNiG vor dem EU-Gerichtshof schadet Gazprom und dem EU-Markt. Beim Versuch, den Einfluss zu steigern, kommt der Konzern nicht an der EU-Bürokratie vorbei. Ist dieses Spiel auf Zeit nur ein Bluff?

Gazprom

Im hohen Norden frieren die Leitungen zu – wie der Konflikt zwischen EU und Gazprom es schon lange tat / Foto: Gazprom.com

Das neue Jahr begann mit einer historischen Bestmarke: Der staatliche Energieriese Gazprom pumpte 2016 insgesamt 12,5 Prozent mehr Gas im Vergleich zum Vorjahr nach Europa – Rekord. Der Höhenflug wurde abrupt gestoppt. Die Ursache: ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes.

Dies verbietet seit 1. Februar die Erhöhung der Fördermenge via Ostsee-Pipeline-Anbindungsleitung (Opal), die Gas von der Ostsee abzweigt und nach Deutschland und Tschechien befördert. Neben der Nordeuropäischen Erdgasleitung (Nel) in Richtung Hamburg bindet Opal den Nordstream an das europäische Gasfernleitungsnetz.

Dem Urteil voraus ging eine Klage des polnischen Staatskonzerns PGNiG gegen den Beschluss der EU-Kommission von November 2016, der Gazprom höhere Durchleitungsmengen garantierte. Die legislative Ursache ist das dritte Energiepaket, immer zum Interessenkonflikt führend. Es soll die Abhängigkeit von russischen Gas-Lieferungen senken und stattdessen die EU-interne Energiekooperation stärken. So verhinderte es im Dezember 2014 eines der wichtigsten Projekte Gazproms: South Stream.

Und auch dieses Urteil geht auf Kosten von Gazprom, sollte man denken: Der Markt ist günstig, der Ölpreis hoch. Doch umgekehrt löste dies einen Bumerang-Effekt aus, der den Einfluss des russischen Energieriesen auf den EU-Markt demonstrierte. Nach der Entscheidung der EU-Kommission im November, stiegen Gazproms Auslands-Gaslieferungen im Januar zwar auf ein Rekordhoch von täglich 635 Millionen Kubikmeter, mit 167 Millionen über ein Viertel davon via Nordstream. Nach dem Urteil sank die Fördermenge um 30 Prozent. Mit Folgen: Gazprom mied es, seine Exporte durch Polen und Ukraine zu erhöhen, um das Niveau konstant zu halten. Der EU-Export fiel daraufhin zwar nur um fünf Prozent, doch der Gaspreis erreichte in der ersten Februarwoche prompt sein Zweijahreshoch.

Dabei erweist sich die polnische Regierung als Dauerstörfeuer. 2016 verhinderte sie im letzten Moment die Aufteilung der Nordstream-2-Aktien zwischen Gazprom, Wintershall, OMV, Shell, Uniper und Engie. Zum 1. Februar erwarb Gazprom die restlichen 50 Prozent der Anteile. Laut Experten könnte Gazprom nun eine schwierige Strategie wählen: „Wenn ihr das Gas nicht via Opal nehmt, dann bekommt ihr es gar nicht“, erklärt Konstantin Simonow, Leiter der nationalen Stiftung für Energiesicherheit gegenüber der Onlinezeitung gaseta.ru. Der Preisanstieg spielt Gazprom im Energiemarkt-Poker wohl mit jeder Runde weiter in die Karten.

Alexander Bykowskij

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