Internationale Studien: Moskau immer billiger

Einst galt Moskau als teuerste Stadt der Welt, wenn auch nur aus Sicht ausländischer Geschäftsleute und ihrer Bedürfnisse. Vor rund zehn Jahren war das zuletzt der Fall. Seitdem stiegen zwar die Preise für Einheimische, für Expats wurde Moskau jedoch wegen des Werteverfalls des Rubels erheblich billiger. In einem aktuellen Ranking des britischen „Economist“ ist die Stadt nicht einmal mehr unter den Top 100 vertreten.

Paradox: Die Preise in Moskau steigen, aber offenbar nicht für alle. © Tino Künzel

Ein Metro-Ticket in New York kostet drei Dollar, in Moskau werden für die Einzelfahrt umgerechnet 0,77 Dollar fällig. Das ist nur ein Beispiel für die Preisunterschiede in den beiden Metropolen. In einer kürzlich veröffentlichten Studie zu den Lebenshaltungskosten in 133 Städten liegen Welten zwischen ihnen: New York landete in dem Ranking der Economist Intelligence Unit („Worldwide Cost of Living Survey“) für das Jahr 2019 auf Platz 7 und gehört damit zu den teuersten Städten überhaupt. Moskau auf Rang 102 fiel gegenüber dem Vorjahr um weitere 16 Positionen zurück und ist nun erstmals nicht mehr unter den Top 100 zu finden.

Die Studie richtet sich primär an international tätige Firmen und soll ihnen helfen, bei der Entsendung von Mitarbeitern in diese oder jene Stadt deren Entlohnung und eventuelle Zulagen zu berechnen. Eine Aussage über die Einkommensverhältnisse im Land selbst wird nicht getroffen.

In den Index fließen 400 Preise für 160 unterschiedliche Waren und Dienstleistungen ein. Darunter fallen Nahrungsmittel, Kleidung, Wohnungsmiete, Transport, Haushaltswaren, Körperpflegeprodukte oder auch Freizeitaktivitäten. Um repräsentativere Daten zu erhalten, wurde unterschiedlichen Ansprüchen Rechnung getragen, indem etwa Preise nicht nur aus Supermärkten und Discountern, sondern auch aus mittelgroßen und höherpreisigen Läden zum Vergleich herangezogen werden. New York gilt als Referenzstadt, deshalb werden auch die Preise in US-Dollar konvertiert.

Gegenüber dem vorigen Jahr ist Moskau einer der größten „Absteiger“ des Rankings: Die Hauptstadt Russlands befindet sich mit einem Indexwert von 55 aus maximal 100 in unmittelbarer Nachbarschaft zu Städten wie São Paulo und Rio de Janeiro in Brasilien sowie Riad in Saudi-Arabien. Die Spitze teilen sich derweil Paris, Singapur und Hongkong.

Moskau verbilligt sich international, obwohl die Preise in praktisch allen Segmenten von Nahrungsmitteln über den öffentlichen Nahverkehr bis hin zu Wohnungskosten steigen. Diese gegenläufige Tendenz ist vor allem durch die Devaluation der Nationalwährung zu erklären. Die Verfasser der Studie sehen darin eine Folge ökonomischer Schwäche und Instabilität. EIU-Analystin Roxana Slavcheva schreibt dazu: „Bemerkenswert im Ranking ist, wie stark Städte aus aufstrebenden Volkswirtschaften – wie Istanbul, Taschkent, Moskau und St. Petersburg – aufgrund anhaltend hoher Inflation und Währungsabwertung abgerutscht sind.“

Als ein weiterer Grund für den Rückwärtsgang Moskaus in der Tabelle werden die Wirtschaftssanktionen gegen Russland genannt. Sie hätten einen signifikanten Einfluss auf die Lebenshaltungskosten. Moskau ist inzwischen für Expats beinahe halb so teuer wie New York.

Neumodischer Einkaufstempel in Moskau: die Danilow-Markthalle mit einem verlockenden Angebot an frischen Lebensmitteln, für die man allerdings etwas tiefer in die Tasche greifen muss. © Tino Künzel

Doch offensichtlich bergen solche Erhebungen viel Spielraum bei den genauen Daten und ihrer Interpretation. Eine weitere Studie mit ganz ähnlichem Fokus kam im vergangenen Jahr nämlich ziemlich anderen Ergebnissen. Die Unternehmensberatung Mercer vergleicht ebenfalls Lebenshaltungskosten, an denen sich dann Firmen orientieren, um im Ausland tätige Mitarbeiter angemessen zu bezahlen. Im „Mercer Cost of Living Survey 2018“ rangiert Moskau auf Platz 17 von 209 Städten und ist damit nach wie vor teuer – teurer als London, Los Angeles oder auch München. New York, das die Vergleichsinstanz darstellt. belegte den 13. Platz, der Abstand auf Moskau ist hier also gering.

Für die Studie wurden 200 Positionen aus Bereichen wie Miete, Transport, Essen, Kleidung, Haushaltsgegenstände sowie Unterhaltung verglichen. Immerhin: Moskau soll im Zeitraum von 1998 bis 2018 um 37 Prozent billiger geworden sein, heißt es. Die Spitzenplätze im Ranking gingen an Hongkong, Tokio und Zürich. Am billigsten lebt es sich als Ausländer demnach in Bischkek, Tunis und Taschkent.

Ganna Novytska

PS: Und wie sah es zweieinhalb Jahre später mit den Lebenshaltungskosten weltweit aus? Das können Sie diesem Artikel entnehmen.

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