Deutsche und russische Romantik in Moskau vereint

Die Romantik ist eine der bedeutendsten europäischen Kultur-epochen. In Zusammenarbeit mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zeigt die Tret­jakow-Galerie Werke deutscher und russischer Künstler der Zeit. Und schlägt auch eine Brücke in die Gegenwart.

Romantik
Mit Landschaftsbildern wie „Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“ (1819/20) prägte Caspar David Friedrich die Bildsprache der Romantik. (Foto: Elke Estel/ Staatliche Kunstsammlungen Dresden)

„Man sagt, ich könne durchaus nichts anderes malen als Mondschein, Abendroth, Morgenroth, Meer und Meeresstrand, Schneelandschaften, Kirchhöfe, wüste Haiden, Waldströme, Klippenthäler und Ähnliches“, schrieb Caspar David Friedrich in einem Brief an einen befreundeten Dichter. War diese Klage berechtigt? Immerhin wurde der Greifswalder Maler mit seinen Motiven zum Superstar der Romantik. Sein Ruf drang auch bis ins ferne Russland, wo die Zarenfamilie ihre Privatgemächer mit seinen Werken schmückte.

Die deutsche Romantik war einzigartig und spielt bis heute eine bedeutende Rolle in der europäischen Kultur, betonte der deutsche Botschafter Géza Andreas von Geyr auf einer Pressekonferenz. Doch sie wirkte nicht für sich alleine. Vor allem durch die Besuche russischer Künstler in Deutschland strahlte sie auch bis tief in den Osten des Kontinents nach. Wie genau dieser Einfluss ausgesehen hat, können Besucher ab dem 23. April in der Neuen Tretjakow-Galerie in der Ausstellung „Träume von Freiheit. Romantik in Deutschland und Russland“ erfahren.

Bisher größtes Projekt der Tretjakow-Galerie

Die Schau, die in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden konzipiert wurde, wartet in vielerlei Hinsicht mit Superlativen auf. Insgesamt wurden 350 Exponate aus deutschen, russischen, estnischen und US-amerikanischen Museen zusammengetragen. Caspar David Friedrich, Phillipp Otto Runge, Alexander Iwanow, Orest Kiprenski – man zeigt „Kunst von Weltrang“, betont Selfira Tregulowa, die Direktorin der Tretjakow-Galerie.

Für ihr Haus ist die Ausstellung nicht nur einzigartig, es ist auch das größte internationale Projekt seiner Geschichte. Auch von Geyr sprach davon, dass „Träume von Freiheit“ die größte Veranstaltung mit deutscher Beteiligung seit langer Zeit ist. Und ein bedeutender Bestandteil des Deutschlandjahres in Russland.

Gestaltet wurde die Ausstellung vom US-amerikanischen Stararchitekten Daniel Libeskind. Der hat sich etwas Besonderes ausgedacht. „Träume von Freiheit“ ist als doppelte Spirale geplant, welche die parallelen Kulturräume Deutschlands und Russlands symbolisiert, erklärt der Architekt. Die Spiralen sind verschlungen und berühren sich immer wieder und ergeben ein Labyrinth, das die Freiheit der Wahl – eines der Hauptthemen dieser Ausstellung – symbolisiert.

Doch „Träume von Freiheit“ will mehr, als nur eine Kunstepoche im binationalen Kontext zu zeigen. Es geht um vielfältige Diskussionen. Zum Beispiel darüber, was Romantik in Russland überhaupt ist. Russische Künstler schufen auf ihren Reisen durch Europa, insbesondere Italien, bedeutende und durchaus politisch brisante Gemälde. Wie etwa Orest Kiprenski mit „Zeitungsleser in Neapel“, dem ersten Gruppenporträt der Kunstgeschichte. Doch, so erklärt der Moskauer Kurator Sergej Fofanow, ist die Romantik als Kunst­epoche in Russland bis heute nicht definiert. Die Ausstellung ist der Versuch, die Epoche hierzulande zu verorten.

Auch aktuelle Positionen werden diskutiert

Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, will neben der reinen Kunst auch die Rolle der Frau in den Fokus rücken. Die war in der Malerei des 19. Jahrhunderts unterrepräsentiert und soll mit Hilfe von Porträts und Informationskarten ein Gesicht bekommen.

So wie die Romantik viele unserer geistigen und ästhetischen Vorstellungen bis heute prägt, schlägt auch „Träume von Freiheit. Romantik in Deutschland und Russland“ in der Tretjakow-Galerie in die Gegenwart. Zeitgenössische Künstler sind ebenso Teil der Ausstellung wie des Rahmenprogramms mit Tagungen, Vorträgen und Diskussionen.

Tregulowa ist überzeugt, dass die Menschen in Moskau großes Interesse an der komplexen Ausstellung haben. Die Eintrittskarten können bereits jetzt online für 600 Rubel gekauft werden. Und wer sich auf die Reise in die Romantik begibt, hat viel Raum, um die Kunstwerke zu genießen. Denn wegen der Corona-Auflagen werden lediglich 100 Personen pro Session zugelassen.

Daniel Säwert

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