Ein Hektar Sibirien für alle

Es ist Russlands neue Bodenreform: Seit dem 1. Februar kann sich jeder Russe einen Hektar Land zur eigenen Nutzung im äußersten Osten des Landes sichern. Die Grundstücke lassen sich online markieren, sie werden vom Staat kostenlos überlassen und können später auch privatisiert werden. Was verspricht sich die russische Regierung davon?

Die eigene Scholle: Für viele kann sich der Traum jetzt erfüllen, wenn sie bereit sind, dafür in den Osten Russlands zu ziehen. / Flickr / Dimka

Darf es ein Grundstück auf Kam­tschatka sein, mit Blick auf einen Vulkan? Oder ist doch das Ufer des Pazifischen Ozeans vorzuziehen? Jaku­tien, wo sich die kältesten Orte der Welt befinden, soll auch sehr schöne Flecken haben. Man wird ja wohl noch träumen dürfen.

Beim Träumen muss es seit dem 1.  Februar dann auch nicht bleiben. Denn jetzt kann sich jeder Russe –Ausländer sind leider ausgeschlossen – per Internet und völlig kostenlos einen Hektar Land in Sibirien reservieren, genauer gesagt in den neun östlichsten Provinzen Russlands, die den fernöstlichen Föderalbezirk bilden. Dabei handelt es sich um ein Regierungsprogramm, das dem Bevölkerungsschwund in diesen entlegenen Gegenden entgegenwirken und eine Art „Gegenverkehr“ für die Abwanderung erzeugen will. Spätestens bis 2020 sollen sich die beiden Ströme mindestens neutralisieren. Jurij Trutnew, Russlands Beauftragter für den Fernen Osten, hofft darauf, dass es schon 2018 so weit ist, wie er zuletzt der „Rossijskaja Gaseta“ sagte.

Der Ferne Osten macht mehr als ein Drittel der russischen Landmasse aus, stellt aber nur fünf Prozent der Bevölkerung (6,3 Millionen). Alle Regionen haben seit dem Ende der Sowjetunion massiv an Einwohnern verloren, Tschukotka an der Beringstraße sogar zwei Drittel.

Flicks / Gravisus

slavyane.org

Nun hofft der russische Staat auf eine große Umsiedlerbewegung. Das Programm startete im Sommer 2016, zunächst kamen in zwei Stufen aber Ortsansässige zum Zug. Inzwischen läuft die dritte, russlandweite Etappe. Interessenten können auf einer eigens eingerichteten Webseite ihr Wunschgrundstück auswählen und einen Antrag einreichen, was angeblich nicht mehr als 15 Minuten in Anspruch nehmen soll. Bis zur Bewilligung können dann ein bis zwei Monate vergehen.

Der Hektar Grund und Boden wird zunächst für fünf Jahre unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Nach drei Jahren muss das erste Mal nachgewiesen werden, dass das Land auch wirklich erschlossen wird, sonst kann es wieder entzogen werden. Als Erschließung zählen sowohl der Bau eines Hauses wie auch eine wirtschaftliche Tätigkeit. Nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist kann die Immobilie wiederum kostenlos privatisiert oder für 49  Jahre gemietet werden.

Bis zum 1.  Februar, als vor Ausweitung der Aktion auf ganz Russland, wurden bereits 36.000 Anträge positiv beschieden. Trutnew geht davon aus, dass die Zahl bis Jahresende auf 100.000 steigt.

Tino Künzel

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