Lecker und basta! So schmeckt’s beim russischen McDonald’s

McDonald’s hat in Russland einen neuen Namen und ein neues Design, setzt unter seinem neuen russischen Besitzer aber ansonsten auf möglichst viel Kontinuität, um die frühere Stammkundschaft nicht zu verprellen. Eindrücke von einem ersten Besuch.

Die Schlange bei der Neueröffnung am Puschkinplatz / AGN Moskwa

Ein junges Mädchen steht lächelnd am Eingang und winkt mit einem weißen Luftballon. „Herzlichen Glückwunsch zur Eröffnung!“, rufen wir ihr zu. Die Mitarbeiterin in einer tadellosen weißen Bluse und mit dem Abzeichen „Dasselbe Lächeln“ bedankt sich freundlich. Ich gehe mit der ganzen Familie zum neuen McDonald’s, um zu erkunden, ob all das, was uns früher hier so gefallen hat, noch da ist.

Wir hatten uns am Eröffnungstag auf eine lange Schlange gefasst gemacht, denn nach dreimonatiger Pause öffneten lediglich 15 Filialen in ganz Moskau wieder. Die anderen wollen bis Ende Juli wieder aufmachen. Russlandweit gab es rund 850 McDonald’s-Filialen. Wir gingen in die unserer Wohnung am nächsten gelegene in der Butyrskaja-Straße, im Norden von Moskau. Wir nahmen vorsichtshalber eine Flasche Wasser, Sonnenhüte und für das Kleinste den Kinderwagen mit. Ein paar Stunden in der gleißenden Sonne zu warten, bis man uns reinlässt, hätten wir glatt in Kauf genommen. Aber es gab keine Schlange. Na so was!

Obwohl es sehr voll war, fanden unsere Kinder sofort einen Platz am Fenster und richteten sich in Erwartung der Genüsse häuslich ein. Sie bekamen einen gelben und einen grünen Luftballon geschenkt. Auf dem Fensterbrett lag noch ein Weißer, vergessen von einem vorherigen Besucher. Gelb, Grün und Weiß sind die Farben des neuen McDonald’s.

Aus alter Gewohnheit ging mein ältestes Kind sofort zu der Vitrine, wo früher das Spielzeug aus dem Programm „Happy Meal“ stand. Die Vitrine war zwar noch da, aber sie war weiß und leer. Wir lasen, dass es das Programm in seiner ursprünglichen Form nicht mehr geben wird, weil die Spielzeugfiguren hauptsächlich aus amerikanischen Trickfilmen stammten, die seit März in Russland nicht mehr gezeigt werden. Überhaupt haben wir alle Nachrichten über die Neueröffnung gelesen, die in den vergangenen Wochen in großer Zahl erschienen waren, nicht selten auf den Titelseiten der Zeitungen. Übrigens, Bilder zum Ausmalen und Kreide gibt es im neuen alten McDonald’s nicht.

Was möchten Sie essen?

Mein Mann und ich geben die Bestellung auf. Wir benutzen nicht das Terminal, denn wir bevorzugen das direkte Gespräch mit dem Kassierer. Keine Schlangen an den Kassen. Wir bestellen dasselbe wie früher auch, also bis zum März 2022, als McDonald’s seine Türen schloss. Wir nehmen also 24 Nuggets, zwei große Portionen Pommes frites, eine Caesar-Rolle, Käsestäbchen, einen  Milchshake und Apfelsaft. „Möchten sie eine Cola?“, fragt der Kassierer mit dem Abzeichen „Dasselbe Lächeln“.

Eigentlich soll es ja keine Cola mehr geben, sie hat Russland verlassen. „Noch gibt es sie. Nehmen Sie eine?“ Klar nehmen wir eine. „Und Dip-Saucen?“ Auch sie sollten eigentlich verschwunden sein. Wir erkundigen uns, welche es gibt. Alle. Na so was. Wir nehmen zwei verschiedene. Nur das geliebte Softeis McFlurry steht nicht mehr auf der Karte. Wir haben für 1060 Rubel bestellt, ungefähr 17 Euro. Mein Mann wartet, bis unsere Bestellung zusammengestellt wird. Es dauert nicht lange, in der Küche tummeln sich viele Mitarbeiter.

In der Küche tummeln sich viele Mitarbeiter / Olga Silantjewa

So, jetzt werden wir kosten, ob der Geschmack derselbe ist wie vorher. Die Pommes schmecken so wie immer, die Nuggets auch. In der Caesar-Rolle konnte mein Mann nicht gleich die Tomate finden und wurde schon etwas unruhig. Letztendlich konnte er sie aber ausfindig machen. Aufatmen. „Die Cola schmeckt irgendwie komisch“, stellt die Älteste fest. Dann stellte sich aber heraus, dass es eine Cola Zero, eine ohne Zucker war. Und die Verpackung ist anders, das gewohnte gelbe M fehlt.

Kinder freuen sich auf McDonald‘s, auch unter dem neuen Namen / Olga Silantjewa

Wind of Change

Beim Essen erzähle ich, wie ich im August 1990 das erste Mal bei McDonald’s war. Das Schnellrestaurant war erst wenige Monate zuvor in Moskau am Puschkinplatz eröffnet worden. Ich lebte damals in Chișinău in Moldawien. Die Glückspilze, die aus Moskau nach Hause zurückkamen, erzählten wahre Märchen über das neue amerikanische Restaurant. In den Toiletten fließe blaues Wasser und es spiele Musik. Im Vergleich zu den schrecklichen sowjetischen Toiletten klang das sehr unwirklich.

Also beschlossen wir, auch nach Moskau zu fahren und zu McDonald’s zu gehen. Gewöhnlich flogen wir aus Chișinău direkt zu unserer Großmutter nach Uljanowsk, aber diesmal machten wir eine Ausnahme und flogen über Moskau, um einen Tag dort zu verbringen. Wir gaben das Gepäck auf, kauften eine dreistündige Stadtrundfahrt und fuhren letztendlich zum Puschkinplatz. Zwei Stunden standen wir in der Schlange, die sich um den Platz vor McDonald’s wand. Bei strömendem Regen. Wir verpassten unseren Flug, aber den Platz in der Schlange konnten wir einfach nicht aufgeben, hatten wir doch extra wegen dieses amerikanischen Restaurants so viele Kilometer zurückgelegt! Die paar Meter schaffen wir auch noch, dachten wir.

Blaues Wasser gab es auf den Toiletten zwar keines, aber Musik spielte. An das Essen kann ich mich nicht erinnern, aber wir nahmen von allem etwas, um es zu probieren. Man sagte damals, diese Burger seien das Symbol des Wandels. Daran kann ich mich aber nicht erinnern, ich ging damals noch zur Schule und habe das so nicht wahrgenommen.

Aber das neue McDonald’s heute ist für mich ganz klar ein Symbol der Veränderungen. Die Leute wollen, dass alles so „wie früher“ ist. Die Mitarbeiter lächeln so wie früher (in der Restaurantkette waren in ganz  Russland über 60.000 Mitarbeiter angestellt). Aber es wird trotzdem nie mehr so sein „wie früher“. Alexander Gowor, Unternehmer aus Kemerowo, kaufte die ganze Kette. Davor gehörten ihm schon 25 McDonald’s-Filialen in Sibirien, die nicht einen einzigen Tag geschlossen wurden, weil sie nach dem Franchise-System arbeiteten. Die Medien berichten, dass der Kaufvertrag die Möglichkeit offenlässt, dass McDonald’s innerhalb von 15 Jahren seine Restaurants zurückkaufen kann. Vielleicht kommt es ja doch wieder zurück?

Beim Verlassen fragten wir eine Angestellte, wie denn das neue McDonald’s nun heiße, denn das wurde bis zum Schluss geheim gehalten. „Lecker. Punkt!“ Ja, lecker war es. Aber ein Punkt kann unter diese Geschichte wohl noch nicht gesetzt werden.

Olga Silantjewa

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