Der Feind im eigenen Land

Russland muss sich eines Angriffs erwehren, der schon lange im Gange ist und es doch kaum einmal in die Nachrichten schafft. Der Feind hat einen Namen: Borschtschewik. Mittelfristig könnter er weiter vorrücken. Das legt eine neue russische Studie nahe.

Auch wenn es auf dem Bild so scheint, ist der Borschtschewik kein Einzelgänger. (Foto: Kirill Kallinikow/RIA Novosti)

Von einem „Monster“, das „alles Leben in Russland auslöschen“ könne, schrieb die „Komsomolskaja Prawda“ unlängst. Gemeint war zur Abwechslung keine Bedrohung von außen. Der Feind steht in diesem Fall im eigenen Land. Und ihm winken neue Geländegewinne, wie das Boulevardblatt unter Berufung auf eine aktuelle Studie berichtet.

Prognose bis 2060

Heracleum sosnowskyi alias Borschtschewik, eine besonders aggressive Bärenklau-Spezies, könnte bis 2060 fast den gesamten europäischen Teil Russlands erobern. Das haben Wissenschaftler der Moskauer Skoltech-Universität herausgefunden. Sie modellierten, wie sich die globale Erwärmung auf die Expansionslust der ungeliebten Grünpflanze auswirkt, die sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einer wahren Landplage entwickelt hat. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlicht.

Der Übeltäter stammt ursprünglich aus dem Kaukasus, wo er in isolierten Gegenden heimisch war und niemandem etwas zuleide tat. Doch zu Sowjetzeiten stand er kurzzeitig im Ruf, eine ideale Futterpflanze zu sein, die wegen ihrer Anspruchslosigkeit und Widerstandsfähigkeit sogar in nördlichen Gegenden angebaut werden kann. Das Experiment scheiterte schnell. Doch einmal seines natürlichen Lebensraums entrissen, breitete sich der äußerst fortpflanzungsfreudige Kaukasier mit dem Niedergang der Kolchosen mehr oder weniger unkontrolliert aus. Seine Samen werden beispielsweise vom Autoverkehr weitergetragen, so dass sich der Borschtschewik unter anderem an Straßenrändern breitgemacht hat.

Gefahr für Natur und Mensch

Immer wieder schlagen die russischen Regionen Alarm und rufen zu entschiedenen Schritten auf, um der Lage Herr zu werden. Denn vielerorts leidet die einheimische Flora unter dem Doldengewächs, das mehrere Meter hoch werden kann. Und Menschen kommen ihm besser nicht zu nahe oder nur mit größter Vorsicht. Gelangt der Saft aus seinem Stängel auf die Haut, setzt er deren Schutz gegen UV-Strahlung außer Kraft. Das führt bei Sonneneinwirkung zu äußerst üblen Verbrennungen.

Für den Kampf gegen den giftigen Wildwuchs hat allein die Regierung der Moskauer Oblast im vergangenen Jahr 300 Millionen Rubel bereitgestellt, umgerechnet etwa 3,7 Millionen Euro. Doch was seine weitere Ausbreitung betrifft, scheint gegen das Unkraut bisher kein Kraut gewachsen zu sein.

Tino Künzel

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