Telefon-Tourisimus
in St. Petersburg

Eine ungewöhnliche Aktion aus Schweden machte gerade von sich Reden. Über eine einheitliche Nummer konnte man einen zufälligen Schweden im Land anrufen – aus der ganzen Welt. Nun, das war gestern, jetzt geht es in Russland weiter.

Viele Menschen riefen kürzlich in Schweden an, auch viele Journalisten. Einfach so. Mitschnitte sind im Netz zu finden und machen gute Laune. Auch jetzt noch. Sie sind, was von dem Projekt „The Swedish Number“ zum Nachhören übrig bleibt. „The Swedish Number“ – das war eine einheitliche Rufnummer, die vom schwedischen Tourismusverband eingerichtet worden war und unter der Anrufer aus der ganzen Welt mit einem per Zufall ausgewählten Schweden sprechen konnten, übers Wetter, Reiseziele oder gute Musik. Mehr als 30 000 hatten sich per App registriert.

Das Angebot war von vornherein zeitlich auf zwei Monate begrenzt, die Idee aber inspirierte und lebt nun in Russland fort. Die Petersburgerin Viktoria Jewdokimowa war von der schwedischen Aktion so begeistert, schreibt sie per E-Mail, dass sie sich direkt rangesetzt und ein Projekt für ihre Heimatstadt entwickelt hat.

Die Homepage mit der Nummer gibt es auch auf Englisch / Screenshot

Die Homepage mit der Nummer gibt es auch auf Englisch / Screenshot

Die Stadt an der Newa hat rund fünf Millionen Einwohner und ist ein Liebling der Touristen. Nach zwei Monaten Arbeit und einer Testphase sei das Projekt „The Petersburg Number“ Mitte Juli ganz offiziell gestartet, heißt es von Jewdokimowa. Und „The Petersburg Number“ sieht dem schwedischen Vorbild tatsächlich sehr ähnlich: Auf einer Webseite www.callstpetersburg.ru prangt die Nummer ganz groß, darunter gibt es alle Infos. Sie sind auf Russisch und Englisch verfügbar, zum Beispiel der nicht unwichtige Hinweis, dass die Tarife des jeweiligen Telefonanbieters gelten.

Beim Testanruf per Telefonfunktion von Skype lande ich bei Kirill, 32 Jahre. Ich erwische ihn, kurz bevor er zum Sport los will. Er hat Boxtraining. Warum er mitmacht? „Die Idee hat mir gefallen und ich dachte, das könnte interessant werden.“ Wir plaudern entspannt über das Wetter („Gerade regnet es, aber vor kurzem waren die weißen Nächte, sie sind immer sehr schön“), über Sprachen („Ich hoffe, durch das Projekt ein wenig Englisch zu sprechen“) und Berlin („Bestimmt eine tolle Stadt, da müsste man mal hin“). Kirill ist einer von mehr als 20 000 Petersburgern, die sich bisher registriert haben, um Fragen rund um ihre Stadt und Russland zu beantworten oder um einfach miteinander ins Gespräch zu kommen. Ich bin sein erster Anrufer. Viktoria Jewdokimowa fand mit der Tourismusbehörde von Petersburg und dem russischen Telefonkonzern Megafon ihre Partner. Bislang sind in den knapp drei Testwochen laut Webseite mehr als 2000 Anrufe aus 24 Ländern eingegangen, mehr als 15 000 Anrufe gab es innerhalb Russlands nach St. Petersburg. „Das Projekt zielt auch auf die russische Bevölkerung“, erklärt Jewdokimowa. Im größten Flächenland der Erde gibt es viele Menschen, die noch nie in St. Petersburg waren – tausende Kilometer und teure Fahrkarten halten oft ab.

In Schweden waren innerhalb der freigeschalteten zwei Monate übrigens mehr als 183 000 Anrufe eingegangen. „Total überraschend! Unser Ziel lag bei 30 000“, schreibt Jenny Engström vom schwedischen Tourismusverband ebenfalls per E-Mail. Nun werde es interessant sein zu sehen, ob als Effekt bald mehr Touristen nach Schweden kommen.

Währenddessen geht das Projekt in Russland erst so richtig los. Auch für andere Städte sollen im Laufe des Jahres Nummern freigeschaltet werden, kündigt Initiatorin Jewdokimowa an, darunter für Moskau, für das beschauliche Irkutsk am Baikalsee, die Millionenstädte Perm und Tscheljabinsk am Ural sowie für das westsibirische Nowosibirsk und die Hafenstadt Wladiwostok im Fernen Osten. Die Durchwahlen soll es dann unter www.callrussians.ru geben.

Mandy Ganske-Zapf

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