Neue alte Heimat: Kathedrale St. Peter und Paul kehrt zurück

Nach der Revolution wurde die wichtigste lutherische Kirche Russlands enteignet. 100 Jahre später hat die Regierung die Kathedrale St. Peter und Paul der Lutherischen Kirche in Russland zurückgegeben.

Dietrich Brauer, Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland, spricht bei der feierlichen Schlüsselübergabe zur Kathedrale St. Peter und Paul in Moskau./Foto: Elisaweta Aksenowa.

Erstmals seit 2010 war der deutsche Bundespräsident Ende Oktober auf Stippvisite in Russland. Der Grund für Frank-Walter Steinmeiers Reise: die feierliche Schlüsselübergabe zur Kathedrale St. Peter und Paul in Moskau an Dietrich Brauer, Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland. Auf diesen Moment hat die Gemeinde Jahrzehnte gewartet, seit die Kathedrale während des Roten Oktobers von den Bolschewiki in Beschlag genommen wurde.

„Ich danke der russischen Regierung für dieses Geschenk“, sagte der russlanddeutsche Erzbischof bei der Zeremonie in beiden Sprachen. „Ich bedanke mich auch bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und beim Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland Heinrich Bedford- Strohm dafür, dass sie diese Initiative unterstützt haben.“ Das Unterfangen glückte erst nach dem dritten Anlauf. Es dauerte, bis das Jubiläum zu 500 Jahren Reformation begann, um die restlichen Zweifel zu beseitigen.

„In Moskau lebt der lutherische Glauben seit dem 16. Jahrhundert“

Die Kathedrale St. Peter und Paul, die sich in Starosadskij Gasse befindet, wurde 1905 nach den Plänen des Architekten Viktor Kossow im Stil der Neogotik, Romanik und des Jugendstils erbaut. Es war das Zuhause der größten lutherischen Gemeinde Russlands, die vor der Revolution 17 000 Mitglieder zählte. Sie kann auf ein langes Bestehen zurückblicken: 1626 entstanden, ist sie nur knapp jünger als die Gemeinde der St.-Michaelis-Kirche in Moskau, die 1576 gegründet wurde. „Nur 32 Jahre nach der Gründung der ersten protestantischen Kirche in Torgau 1544“, erinnerte Heinrich Bedford-Strohm. „In Moskau lebt der lutherische Glauben seit dem 16. Jahrhundert.“

1936 wurde der Pfarrer der Lutherischen Kirche, Alexander Streck, verhaftet und erschossen und der Gottesdienst unterbrochen. Stattdessen eröffnete in der Kirche ein Kino, das später der Diafabrik übergeben wurde.

Es schwingt auch etwas Symbolik mit, dass aus der 1926 zerstörten St.-Michaelis-Kirche Reliquien nur durch ein Wunder gerettet werden konnten und sich heute in der Kathedrale befinden. Es handelt sich um einen Altar aus dem Barock, eine Altarbibel aus dem Jahre 1665 und eine Orgel der Firma Sauer. Die Besucher erhielten während der Zeremonie eine musikalische Kostprobe.

Restaurierung lutherischer Kirchen in Russland

„Als wir Anfang der 1990er in unsere Kirche kamen, war sie in einem bedauernswerten Zustand“, erinnert sich die Russlanddeutsche Galina Perfilowa, heute Präsidentin der Überregionalen Vereinigung der Deutschlehrer. „Anfangs haben wir uns auf der Straße getroffen und waren über jeden Raum froh, den uns die Diafabrik zur Nutzung überließ. Es ist ein Glück, dass die Lutheraner nun so eine prächtige europäische Kirche im Zentrum Moskaus haben!“

Die Renovierung hat Jahre in Anspruch genommen. Erst 2008 wurde das Gotteshaus geweiht. Im Januar 2010 bekam die Kirche schließlich einen neuen Turm. Abgeschlossen ist die Renovierung aber noch lange nicht. Neben der Kathedrale St. Peter und Paul warten noch dutzende weitere lutherische Kirchen in ganz Russland darauf, gerettet zu werden. Auf den Zustand dieser Gotteshäuser machen Russlanddeutsche Künstler, mit Unterstützung des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur, in der Ausstellung „Vom Himmel hoch, da komm ich her…“, die momentan in der Kathedrale gezeigt wird, aufmerksam.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete die Schlüsselübergabe als „schöne Geste“ des russischen Präsidenten im Jubiläumsjahr der Reformation./Foto: IVDK.

„Ich habe mir die Ausstellung aufmerksam angeschaut“, sagte der russische Kulturminister Wladimir Medinski. „So viele Kirchen sind immer noch nicht wieder aufgebaut! Wir haben noch viel Arbeit vor uns und ich hoffe, dass der Wiederaufbau zu einem Bindeglied zwischen Russland und Deutschland wird.“ Anschließend ging Medinski noch einmal durch die Ausstellung, dieses Mal mit Frank-Walter Steinmeier.

Zeichen der Wertschätzung

Viele Anwesende sahen in der Schlüsselübergabe „ein Zeichen an die Regionen, die lutherischen Gotteshäuser an die Kirche zurückzugeben“, sagte Viktor Weber, Pfarrer der Moskauer lutherischen Gemeinde. „In der Kirche in Smolensk beispielsweise, befindet sich immer noch eine Reitschule.“

Auch Olga Temirbulatowa, Pastorin aus Samara und Präsidentin der Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland, bewertet die Rückgabe der Kirche positiv: „Es ist ein Zeichen der Anerkennung unserer Kirche und dass wir nicht irgendeine Gruppe Andersgläubiger sind.“ „Wiederherstellung historischer Gerechtigkeit“ nannten Dietrich Brauer und Wladimir Medinski die Übergabe der Kirche. Frank-Walter Steinmeier sprach von einer „schönen Geste“ des russischen Präsidenten im Jubiläumsjahr der Reformation.

Der Bundespräsident und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, bekamen von Dietrich Brauer Plaketten mit einer Darstellung der Lutherrose überreicht. Diese wurden extra für hohe Gäste von Russlanddeutschen in der Kunstwerkstatt „LiK“ in Slatoust hergestellt.

Olga Silantjewa 

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