Heim für eine Poesie-Ikone: Anna Achmatowa hat nun doch ein Museum in Moskau

Sie gilt als Ikone des „Silbernen Zeitalters“ in Russland und über diese Literaturepoche hinaus bis hin in die Sowjetzeit: Anna Achmatowa. Seit Ende Februar gibt es nun auch in der Hauptstadt ein kleines Museum für sie. Endlich, so kann man wohl sagen.

Für alle, die Achmatowa noch nicht näher kennengelernt haben: Jahrgang 1889, geboren bei Odessa, wirkte und lebte vor allem in St. Petersburg. Zwischen geheimnisvollem Symbolismus der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts und dem abstrakten Futurismus gilt sie als Hauptvertreterin des Akmeismus, der mit klaren, gegenständlichen Darstellungen epochenbedingt schwierige und bedeutungsschwere Themen behandelte. Deutsche Übersetzungen gibt es unter anderem von Rainer und Sarah Kirsch (siehe Zitate).


»Und nichts von einer rosafarbnen Kindheit…

(4. Juli 1955, Moskau)

 


Achmatowa überstand, letzten Endes als Einzige ihrer literarischen Weggefährten, die Revolutionen, den Ersten und den Zweiten Weltkrieg und auch die Stalinschen Repressionen. Sie verlor Freunde, Liebe, Kollegen, Arbeit. Am Ende wurde ihr von der Russischen Intelligenz sogar vorgeworfen, dies alles und sich verraten zu haben. Warum?Weil sie überlebte, bis 1966. Da starb sie an ihrem fünften Herzinfarkt im  damals noch Moskauer Vorort Domodedowo.


»Zeit nun die Kamelschreie zu vergessen,
Das weiße Haus in der Shukowskistraße.
Zeit, höchste Zeit zu Birken und zu Pilzen,
Zum großen Moskauer Herbst zu gehn.
Dort glänzt jetzt alles, badet sich im Tau,
Der Himmel klettert unerhört nach oben,
Und die Chaussee nach Rogatschow erinnert sich
Des Räuberpfiffs vom jungen Blok . . .

(1944-1950)


In Moskau war sie gern gesehener Gast mit einem kleinen Zimmerchen bei ihren Freunden und Schriftstellerkollegen Wiktor Ardow und dessen Frau Nina Olschewskaja in der Straße Bolschaja Ordynka 17. Sie kam immer wieder hierher – vor und nach ihrer Zeit im Exil in Taschkent – und empfing unter anderem Nadeschda Mandelstam, Frau des Dichters Ossip Mandelstam, Boris Pasternak, Alexander Solschenizyn.

Bolschaja Ordynka in Moskau: Dort steht ein Denkmal nach dieser Grafik. / A. Modigliani (1911)

In jener Wohnung soll Achmatowa 1941 zum ersten und einzigen Mal die zweite große Dame des Silbernen Zeitalters, Marina Zwetajewa, getroffen haben. Hier soll sie ihren Sohn Lew nach dessen Lagerhaft wieder getroffen haben. Die Moskauer meinen gern, in dieser Wohnung hätte die Poetin gar mehr Zeit verbracht als in der Stadt an der Newa.

2013 sollte dann auch in dieser Wohnung Nummer 13 ein Achmatowa-Museum eingerichtet werden. Die Nachfahren der Ardows waren bereit, die 60-Quadratmeter-Kommunalwohnung im Zentrum für ein Museum herzugeben. Aber es gelang nicht.


» Nichts endgültiger als diese Trennung.
Dann schon lieber zu Boden gestreckt…
Und wahrscheinlich hat hier auf Erden
Niemand getrennter gelebt.

(1962, Moskau)


Nun haben die Exponate aus dem persönlichen Besitz der Achmatowa, ihre Moskauer Bibliothek, persönliches Text- und Foto-Archiv mit einer Vielzahl unbekannter Aufnahmen einen neuen Platz bekommen: Erstmals in der russischen Geschichte hat ein Auktionshaus, nämlich der Händler mit Buchantiquitäten „W Nikitskom“, in seinen Räumen ein Literatenmuseum eröffnet.

 

Peggy Lohse

 

Haus des antiquaren Buches „W Nikitskom“
Nikitskij Pereulok 4/1

M Ochotnyj Rjad, Alexandrowskij Sad, Teatralnaja 

(495) 926 41 14 

www.vnikitskom.ru 

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