Wetten, das läuft: Rekordgeschäfte bei den Buchmachern

Um 45 Prozent sei der russische Sportwettenmarkt im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen, meldete unlängst der Branchendienst „Rating der Buchmacher“. Was steckt hinter diesem Boom?

Auch in Russland machen Sportwettenanbieter glänzende Geschäfte: Wettbüro in St. Petersburg (Foto: Tino Künzel)

Nie daran gedacht hat, ein Wettbüro aufzusuchen? Dann kommt das Wettbüro jetzt zu Ihnen. Wer nicht rechtzeitig in Deckung geht, der wird von den Wettanbietern inzwischen auf Schritt und Tritt verfolgt. Und es gibt kaum ein Entrinnen: Der Titelsponsor der populären Eishockey-Profiliga KHL wie auch des russischen Fußball-Pokalwettbewerbs heißt Fonbet. Die zweite russische Fußballliga hört auf den Namen Melbet Erste Liga. Keine Fußballübertragung im Sportsender Match TV kommt mehr ohne ein wahres Werbe-Bombardement für Sportwetten aus. Anbieter Pari hat sich sogar die Namensrechte an einem russischen Erstliga-Fußballklub gesichert. Der will nun Pari Nischni Nowgorod genannt werden. Irgendwie peinlich, aber eigentlich schon gar nicht mehr der Rede wert. Die Stadionnamen sind schließlich auch käuflich, warum nicht ganze Sportvereine? 

Den Buchmachern, die so wenig mit Büchern zu tun haben, geht es gut. Weltweit. Der neue Hauptsponsor des VfB Stuttgart? Ein Wettanbieter. Der von Hertha BSC auch. Wohin man sieht, wird am Glücksspiel kräftig verdient. Und kräftig die Werbetrommel gerührt, damit das Geld immer lockerer sitzt.

Umsätze stark gestiegen

Und das tut es, auch in Russland. Für das dritte Quartal dieses Jahres hat der Branchendienst „Rating der Buchmacher“ ein Wachstum des Marktes um 45 Prozent gegenüber demselben Zeitraum des Vorjahres ermittelt, auf 320 Milliarden Rubel. Das sind 3,2 Milliarden Euro.

Vom „Kommersant“ befragte Marktteilnehmer zeigten sich etwas zurückhaltender in ihren Schätzungen. Bei Betcity und Fonbet taxierte man das Wachstum auf 30 Prozent, bei Betboom auf mehr als 20 Prozent. Auch das wären überragende Steigerungsraten, die in der Wirtschaft ihresgleichen suchen. Bereits in der Jahresendabrechnung 2022 hatte ein dickes Plus von 20 Prozent bei den Wetteinsätzen zu Buche gestanden.

Im „Kommersant“ äußern sich Experten auch zu den Gründen für den Wettboom. Einleuchtend, aber auf lange Sicht wenig erhellend klingt die Erklärung, im besagten dritten Quartal klingelten traditionell die Kassen. Wenn Sportfans nämlich aus dem Sommerurlaub zurückkommen und in allen möglichen Sportarten die neuen Meisterschaften beginnen, dann rollt der Rubel. Interessanter ist da schon die Aussage, dass der Kampf des Gesetzgebers gegen illegale Wetten den legalen Anbietern viele neue Kunden verschafft hätte. Und dass gerade bei Sportwetten das Publikum immer jünger werde, bei einem Mindestalter von 18 Jahren. Die Faszination, auf Tore und Ergebnisse beim Sport zu setzen, wo man sich vermeintlich auskennt und das Glück zumindest ein wenig zwingen kann, scheint gerade auf junge Leute ungleich höher zu sein, als wenn die „Lottofee“ einmal die Woche Zahlen zieht.

Negative Faktoren, positive Entwicklung

Die Vorzeichen für die Branche in Russland sind dabei eigentlich nicht gerade günstig. Russische Mannschaften sind für die meisten internationalen Wettbewerbe gesperrt. Fußballklubs wie Zenit St.  Petersburg, Spartak Moskau oder der FC Krasnodar können deshalb auch nicht in der Champions League oder Europa League antreten, was für russische Wettfreunde natürlich besonders attraktiv wäre. Währenddessen bestreitet die Nationalelf nur Freundschaftsspiele und kann sich deshalb auch nicht für die EM in Deutschland qualifizieren. Negativ hätte sich in diesem Jahr nach Prognosen auch auswirken müssen, dass zwischen der WM 2022 und der EM 2024 diesmal kein großes Fußballturnier ansteht. Denn auf den Fußball wird mit Abstand am meisten gewettet, geht aus Angaben von „Rating der Buchmacher“ hervor, gefolgt von Eishockey, Basketball, E-Sports und Tennis.

Doch der für dieses Jahr erwartete leichte Wachstumsdämpfer ist bisher nicht eingetreten. Inzwischen sprechen Experten von 15 Millionen Russen, die bei Sportwetten tippen. Als ständige Tipper gelten allerdings nur etwa sieben Millionen.

Tino Künzel

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