Weltmeister im Fliesenlegen

Ende August fand in Kasan die WorldSkills 2019 statt. Bei der Weltmeisterschaft der Berufe rangen über 1300 Teilnehmer aus 63 Ländern in 56 Disziplinen um Medaillen. Die MDZ hat dem deutschen Team über die Schultern geschaut.

Perfekt gefliest: Janis Gentner aus Aalen holte Gold für Deutschland. © WorldSkills Germany / Frank Erpinar

Zwei Goldmedaillen gab es am Ende für Deutschland: Alexander Bruns (22) aus Rheinland-Pfalz ist der weltbeste Zimmermann und auch der Baden-Württemberger Janis Gentner (21) triumphierte. „Wie soll ich das beschreiben? Ich bin gerade Weltmeister geworden“, sagt der Fliesenleger voller Freude. Die Aufgabe habe ihm gelegen: eine geflieste Wandinnenecke mit der russischen Flagge, dazu der Name des Austragungsorts in roten und blauen Buchstaben, ein Gefälleestrich und eine Vormauerung mit Mosaik. „Ich sag mal: ne Dusche.“

Mit 39 Teilnehmern war das deutsche Team angereist, um sich an den vier Wettkampftagen in Disziplinen aus Handwerk, Industrie und Dienstleistungen mit Konkurrenten aus der ganzen Welt zu messen. Kasan präsentierte sich als glänzender Gastgeber. Sommer-Universade 2013, Fußball-Weltmeisterschaft 2018 – mit internationalen Großveranstaltungen hat die Stadt an der Wolga Erfahrung, und das war zu spüren. „Es ist super organisiert und wir haben wahnsinnig viel Platz“, freute sich Andrea Zeus, Vorstandsvorsitzende von WorldSkills Deutschland.

Ein Gang über das riesige Messegelände machte die Vielfalt der Berufswelt sichtbar: Eine Glasscheibe schützt die Zuschauer vor Staub und Splittern, der Lärm der Drucklufthämmer schallt durch die Messehalle. Steinmetze arbeiten an Werkstücken, von denen man momentan nur erahnen kann, was daraus einmal wird. In der Halle nebenan steht ein Betonmischfahrzeug samt Pumpe, Beton wird in Verschalungen gegossen, Bretter werden zurechtgesägt. Wieder einige Hallen weiter ein ganz anderes Bild: Web-Entwickler sitzen konzentriert vor je zwei Bildschirmen, auf denen blanker Code zu lesen ist.

„Fertig werden ist eins, aber Maße bringen die Punkte“

Simon Pankraz steht fokussiert an seinem Arbeitsplatz, der fast steril wirkt. Der 20-Jährige tritt für Deutschland als CNC-Dreher an. Wie sieht ein Wettkampftag für ihn aus? „Wir bekommen eine Zeichnung von einem oder mehreren Bauteilen. Die können wir 15 Minuten lang analysieren und überlegen, wie wir es angehen. Dann müssen wir ans Programmieren gehen, die Maschine rüsten und das Teil abfahren.“ So nennt sich der Arbeitsschritt, bei dem der Drehmeißel das rotierende Werkstück in Form bringt. Dabei ist Präzision gefragt.

Simon Pankraz an der der CNC-Drehmaschine © WorldSkills Germany / Anja Jungnickel

„Fertig werden ist eins, aber Maße bringen die Punkte“, erklärt uns der gelernte Zerspanungsmechaniker, der bei einem Bielefelder Drehmaschinenhersteller arbeitet. Dort ist er im Showroom tätig, berät Kunden, zeigt was die Maschinen alles können. Die Eröffnungsfeier hat ihn schwer beeindruckt: „Schon der Weg dorthin mit einer riesigen Buskolonne war der Wahnsinn. Als wir in das volle Stadion eingelaufen sind, das war Gänsehaut pur.“

Als der russische Fernsehsender „Swesda“ herausbekommt, dass Simon Russisch spricht, wird er direkt zum Interview gebeten. Seine Mutter wurde in Kasachstan, sein Vater in Russland geboren.

„Das Beste herausgeholt“

Eine Halle weiter treffen wir auf die Floristin Ines Senft. Die 19-Jährige hat erst im vergangenen Juli ihre Ausbildung abgeschlossen und arbeitet in einer kleinen Werkstatt in Bamberg. Ob sie nicht beim Vorentscheid mitmachen wolle, hatte sie ihre Chefin gefragt. „Und jetzt bin ich hier“, strahlt sie. Gegen 21 Kontrahenten muss sie sich behaupten, etwa aus Estland, Brasilien oder Malaysia.

„Volle Konzentration: Floristin Ines Senft bei der Arbeit © WorldSkills Germany / Frank Erpinar

Die Aufgaben: ein Strauß, Wanddekoration, eine Krone als Brautschmuck, die Füllung einer Vase – mal im Voraus bekannt, mal als Überraschung. Ines erzählt, dass die WorldSkills bei Floristen in Japan und China einen ganz anderen Stellenwert habe: „Die trainieren dort zwei Jahre in Vollzeit und werden dafür freigestellt. Die haben ein ganz anderes Niveau.“

Sie musste sich neben der Arbeit auf den Wettbewerb vorbereiten. Mit dem Erreichten ist sie zufrieden: „Zeit und Material sind begrenzt, dafür habe ich das Beste herausgeholt.“

Der letzte Steinmetz?

Der 22-jährige Julian Wally aus dem baden-württembergischen Siegelsbach gehört vermutlich zu den letzten Steinmetzen bei der WorldSkills. Für den Traditionsberuf lassen sich nicht mehr genügend teilnehmende Nationen finden. Die Vertreter sammeln Unterschriften für den Verbleib, ob es fruchtet, bleibt fraglich.

Laut und staubig: Steinmetz Julian Wally an seinem Werkstück © WorldSkills Germany / Anja Jungnickel

Er arbeitet gerade an seinem Hauptstück, einem Türbogenelement. „Leider ist es nicht alltäglich, dass ich solche Stücke anfertige. Das wäre natürlich die schönste Arbeit als Steinmetz, direkt am Stein zu arbeiten“, verrät uns Julian. Dafür kommt er gut herum. Er arbeitet in einem großen Betrieb für Steinsanierung und ist in der Denkmalpflege tätig, auf Baustellen quer durch Süddeutschland.

Auch er ist begeistert von der Veranstaltung. „Klar, der Wettbewerb ist die Hauptsache. Aber es ist auch spannend, neue Menschen kennenzulernen.“ Und er bekam Lust auf Russland: „Ich würde schon gerne nochmal kommen und auch Moskau sehen.“

Alle betonen sie, wie groß das öffentliche Interesse hier in Russland sei. Weit größer als in Deutschland, bestätigt auch Andrea Zeus. In Russland, wo es kein solches Ausbildungssystem gebe wie in Deutschland, sei die Unterstützung durch die Politik viel größer.

So ließ es sich auch Präsident Wladimir Putin nicht nehmen, den Teilnehmern bei der Abschlussfeier seien Dank auszusprechen.

Wladimir Putin ließ sich zur Abschlussfeier in der Kasan Arena einfliegen. © WorldSkills Germany / Frank Erpinar
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