Treffen trotz Krise: Wofür der Petersburger Dialog gebraucht wird

Spionage-Vorwürfe, Ukraine-Krieg, Skripal-Affäre: Die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen sind äußerst angespannt. Vor diesem Hintergrund trafen sich russische und deutsche Delegierte nun zum Petersburger Dialog. Sechs Teilnehmer erklären, warum sie auf Dialog setzen.

Petersburger Dialog

Zuhören, debattieren – aber auch Streiten: Diskussion beim Petersburger Dialog /Foto: Petersburger Dialog

Martin Hoffmann, Geschäftsführer des Petersburger Dialog e.V.
Ich glaube, dass der Petersburger Dialog seine größten Erfolge auf der kommunikativen Ebene hat. Wir haben in der letzten Zeit eine allgemeine Kommunikationsstörung im deutsch-russischen Verhältnis. Sie bezieht sich nicht alleine nur auf die Politik, sondern auf viele Bereiche. Und ich glaube, dass der Petersburger Dialog eben diese Kommunikationsstörung thematisiert und auf der anderen Seite diese Missverständnisse überwindet. Und deswegen ist unser Forum wichtiger denn je und muss unbedingt fortgeführt werden. Der Gradmesser der deutsch-russischen Beziehungen ist auch die Atmosphäre und die Art miteinander umzugehen, Kontakt zu suchen. Ich verfolge das seit vielen, vielen Jahren und die Atmosphäre dieses Jahr war deutlich besser. Das hat bestimmte Gründe, die muss man auch benennen. Das Umfeld der transatlantischen Beziehungen hat sich geändert und man merkt schon deutlich, dass bei aller Kritik der Wille zur Zusammenarbeit mit Russland sehr stark ist. Wir haben dieses Jahr zehn Abgeordnete aus allen Parteien. Auf der russischen Seite nahmen leider nicht so viel Duma-Abgeordnete teil, aber es geht in die richtige Richtung.

Hansjörg Müller, Mitglied des Deutschen Bundestages, vierter Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion
Sie müssen in die unterschiedlichen Arbeitsgruppen gehen. In einigen gibt es eine Konfrontation mit viel Belehrung, und zwar von der deutschen Seite. Aber die echten deutschen Interessen und die russischen   – da gibt es kaum Konflikte, die sind bis zu 95 Prozent identisch. Ich würde mich freuen, wenn Kollegen aus anderen Parteien mehr echte deutsche Interessen und weniger amerikanische vertreten würden. Da gäbe es weniger Konfliktpotential mit den Russen.

Michael Harms, Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft
Vor einigen Jahren hat sich der Petersburger Dialog reformiert und ist dadurch viel effektiver geworden und hat die echte Zivilgesellschaft hineingebracht und dieses Erstarrte, das „Zu Offizielle“, hinter sich gebracht. Das finde ich sehr positiv. Aber ich würde mir schon wünschen, dass nicht alles auf diese große Veranstaltung hinausläuft, sondern während des Jahres die Arbeitsgruppen aktiver sind. Ich kann nicht alle Gruppen einschätzen, aber ich glaube, hier ist noch Verbesserungspotential vorhanden.

Gabriele Krone-Schmalz, Journalistin und Buchautorin
Ich bin von Anfang an dabei, also seit der Gründung des Petersburger Dialogs. Und es hat sich immer wieder bestätigt: miteinander reden, Dinge auf den Tisch zu legen, nicht drumherum zu reden, aber sich auch mal zuzuhören und dann an der Verständigung ernsthaft interessiert zu sein – das funktioniert nur, wenn man sich gegenseitig kennt und sich immer wieder trifft.

Wladimir Grinin, früherer ­Botschafter in Deutschland
Treffen dieser Art geben uns immer die Möglichkeit, aktuelle Fragen und Probleme zu besprechen und sich darüber zu verständigen, was getan werden muss, um das gegenseitige Verständnis zwischen Deutschen und Russen zu befördern. Wir sollten öfter miteinander sprechen. Vor allem die wirklich an einem Dialog interessierten Menschen müssen sich begegnen. Unsere ganze Geschichte hat uns einander nähergebracht – auch wenn es Fälle und Menschen gab, die uns trennten. Wir sollten uns zusammenreißen und so agieren, dass Russland und Deutschland aufblühen.

Wladislaw Below, Leiter des Zentrums für deutsche Studien am Europa-Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften
Er ist ein Platz für den Dialog über unterschiedlichste Themen und ein Versuch, von den Experten Tipps zur Entwicklung der deutsch-russischen Beziehungen zu bekommen. Ich denke, der Petersburger Diaolog braucht eine Erneuerung – a

m besten jedes Jahr – damit die Diskussionen und Vorträge nicht zur Formalität verkommen, bei der man sich einmal im Jahr trifft und ein Häkchen ranmacht. Es ist wichtig, sich nicht auf die eigenen Positionen zu versteifen, sondern Berührungspunkte zu suchen, um zu verstehen wie man sich einander annähern kann. Für mich ist wichtig, dass dieser Diskurs auch außerhalb des Petersburger Dialoges geführt wird.

Zusammengetragen von Daria Boll-Palievskaya

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