Sprung ins Kühle: Wo das Schwimmvergnügen besonders groß ist

Der Sommer ist endlich in der Hauptstadt angekommen. Zeit, um ein paar Bahnen zu schwimmen. Ein prominentes Freibad im Herzen Moskaus musste einst weichen. Doch auch heute gibt es genug Orte, wo das kühle Nass in der Steinwüste lockt.

Sommer, Sonne, Schwimmvergnügen: In Moskau gibt es viele Orte zum Abkühlen. /Foto: pixabay.

„Stellen Sie sich vor: nächtliches Moskau, ein von Scheinwerfern beleuchtetes Schwimmbad, Dampf über dem Wasser, Eiszapfen auf dem Kopf und vom ‚Roten Oktober‘ weht der Duft von Schokolade und Karamell“, so erinnert sich Erzpriester Alexej Uminskij im Interview mit dem Magazin „Esquire“ an seine Kindheit in der russischen Hauptstadt.

Das „Moskwa“ gehörte zu den größten Freibädern der Welt. Das Markenzeichen: ein runder Grundriss. Den Anstoß für den Bau gab Nikita Chruschtschow. Es gab nämlich ein „Loch“ mitten in der Stadt zu füllen. Dort, wo heute die Christ-Erlöser-Kirche steht. Der Ursprungsbau wurde 1931 auf Stalins Geheiß gesprengt, denn im Sozialismus war für Gotteshäuser kein Platz mehr. Hier sollte das Haus der Sowjets, das neue Zentrum Moskaus, entstehen. Doch der Bau kam mit dem Zweiten Weltkrieg zum Erliegen. Bis in die 50er Jahre lag die Fläche brach. Es lag also auf der Hand, hier ein rund ums Jahr geöffnetes Schwimmbad zu bauen.

Die ausgewöhnliche Lage zog viele an, selbst Revoluzzer Che Gueverra zog seine Bahnen im runden Becken, das bis zu 20 000 Schwimmer aufnehmen konnte. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde das Schwimmbad nicht mehr rentabel, das Gelände geschlossen und 1995 das Fundament für die Kirche gelegt. Überdauert hat aber ein Kollege, Baujahr 1957. Das „Tschajka“, zu Deutsch Möwe, befindet sich noch heute im Stadtteil Chamowniki.

Tschajka
Neptun
Serebrjanyj Bor
Putjajewski-Teich

Im Winter dampft es überm Becken, im Sommer liegen Dutzende Sonnenanbeter auf den Holzstufen rund herum und genießen den Blick auf die Dächer Moskaus. Ins „Tschajka“ geht, wer es sich gut gehen lassen will. Für 1500 Rubel (rund 20 Euro) (am Wochenende 1800 Rubel) pro Tag kann man hier nicht nur zielstrebig Bahnen schwimmen, sondern sich auch zu Kursen im Wasser und an Land einschreiben: von Aqua Jogging bis Yoga. Geplanscht wird hier kaum: Ist erst mal das kleine Medizinzeugnis (kann in zehn Minuten vor Ort erstellt werden und gilt dann für ein Jahr) da, geht es gleich in die Umkleide und raus ins Wasser: Ehrgeizige Hobby-Schwimmer und gemütlichere Pensionäre teilen die Bahnen untereinander auf. Je nach Tempo, findet sich hier noch ein Plätzchen für jeden. Durchziehen, auspowern, sonnen und dazu einen Smoothie von der Bar: Willkommen im zentral gelegenen Paradies des modischen gesunden Lebensstils. Das Schwimmbad ist ganzjährig geöffnet, im Winter wird das Wasser extra beheizt.

Nicht minder sportlich ist das Olympiazentrum für Wassersport, neben der Metrostation Partisanskaja. Es ist ein Klotz mit Sowjetcharme, der von außen wie eine Behörde aussieht. Drinnen ziehen Wassermenschen im Eiltempo ihre Bahnen, weshalb Moskauer das Schwimmbad liebevoll auch „Neptun“ nennen. Hier trainieren Olympioniken für den nächsten Wettkampf. Aber auch Normal­sterbliche bringen sich im „Neptun“ in Bestform. Rund ums Jahr ist auch das 50-Meter-Außenbecken geöffnet. Dort geht es ebenso geregelt zu, weder „Arschbomben“ noch lästiges Grölen von Halbstarken stören die Gäste. Zwischen 300 und 600 Rubel kostet der Eintritt. Ein Gesundheitszeugnis kann der Besucher an der Kasse allerdings nicht kaufen, weshalb ein Termin beim Arzt unumgänglich ist.

Ein lauer Wind fegt über den Sand, die Kiefern werfen ihre langen Schatten und auf den Liegen brutzeln noch vom Winter weiße Moskauer. Nur von weit entfernt erinnern die Hochhäuser einen daran, dass man nicht im Mittelmeerraum ist, sondern am Stadtrand von Moskau. An heißen Sommertagen lassen im Park Serebrjanyj Bor viele Stadtbewohner die Seele baumeln. Denn es muss nicht immer ein Schwimmbad sein, um sich abzukühlen. Schließlich schlängelt sich ein Fluss durch Moskau. Die Infrastruktur ist gut ausgebaut: zwei Strände, Beach-Volleyball, Bootsverleih, Cafés und Spielplätze.

Um von der Metrostation zum großen Putjajewski-Teich im Park Sokolniki zu gelangen, spaziert man durch jenen Park im Nordosten Moskaus, vorbei an Schach spielenden alten Männern. Sobald man eine der spärlich vorhandenen Umkleidekabinen gefunden hat, kann man sich auf ins kühle Nass des Badeteichs machen. Der Putjajewski-Teich ist idyllisch gelegen und bietet Strand, Café und Entspannung für Groß und Klein. Doch auch Abenteuerlustige kommen auf ihre Kosten: Hier wird Wakeboard fahren angeboten, eine Mischung aus Wasserski und Wellenreiten. Der Eintritt ist frei, das heißt aber auch, dass das Gelände oft überbevölkert ist. Bestenfalls sollten Besucher das Relaxen zu weniger beliebten Zeiten wie unter der Woche suchen.

Katharina Lindt, Peggy Lohse und Simon Federer

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