Saporoschez-Autobauer droht Totalschaden

Putin fuhr einen und so mancher DDR-Bürger auch: Der Saporoschez war diesseits des Eisernen Vorhangs allseits bekannt, wenn er auch nicht den allerbesten Ruf hatte. Nun gehen bei seinem Hersteller in der Ukraine so langsam die Lichter aus. Pkw verkauft er neuerdings keine mehr.

Wladimir Putin mit seinem Saporoschez, Baujahr 1972. © Kremlin.ru

Der letzte Saporoschez lief 1994 vom Band. Jetzt ist sein Hersteller, das Automobilwerk im ukrainischen Saporischschja (russisch Saporoschje), endgültig von der Landkarte der Pkw-Produzenten verschwunden. Im Januar hat das Traditionsunternehmen erstmals in seiner langen Geschichte kein einziges Auto verkauft. Bereits 2018 war nur ein Pkw hergestellt worden – um nicht ganz aus der Übung zu kommen und um die Funktionstüchtigkeit der Fertigungstechnik zu testen. 2017 endete die Produktion des Daewoo Lanos (unter der Bezeichnung ZAZ Lanos). Kooperationen hatten auch mit Chevrolet, Kia und Chery bestanden. Eigene Modelle waren zuletzt in den 90er Jahren auf den Markt gebracht worden.

Ob der Standort in der Süd­ukraine überhaupt erhalten bleibt, ist ungewiss. In Saporischschja werden seit einiger Zeit auch Busse, Kastenwagen und Einzelteile hergestellt, doch die Stückzahlen sind bescheiden. Über dem einstigen Branchenprimus des Landes hängt seit Längerem das Damoklesschwert des Konkurses. Noch 2007, in seinem besten postsowjetischen Jahr, hatte er 275.000 Autos im In- und Ausland abgesetzt. Doch mit der Weltwirtschaftskrise von 2008/09 brachen die Zahlen ein. Die Talfahrt der Griwna und der Kaufkraft in den Jahren 2014/15 gaben dem Unternehmen den Rest. 2015 wurden nur noch 3624 Autos produziert – bei Kapazitäten von 150.000  Fahrzeugen pro Jahr ein dramatischer Niedergang.

Pkw werden in der Ukraine damit nur noch in Transkarpatien unweit der Grenze zu Ungarn und der Slowakei gebaut. Eine Firma namens Eurocar stellt dort Skoda-Modelle her. 2018 lag der Ausstoß bei 5659  Exemplaren.

Insgesamt ist die Nachfrage nach Neuwagen in der Ukraine schwach. Im Januar fanden nach Angaben der ukrainischen Auto-Consulting-Gruppe im zweitgrößten Land Europas mit seinen 42 Millionen Einwohnern nur 5295 Pkw einen Käufer – ein Minus von 20 Prozent gegenüber dem Januar 2018. Zum Vergleich: In Russland (147 Millionen Einwohner) waren es 103.064, ein Plus von 0,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. In Deutschland (83 Millionen Menschen) wurden für den Januar 265.702  Pkw-Neuzulassungen gemeldet. Mit anderen Worten: Die Ukraine erreichte nur fünf Prozent des Absatzes in Russland und zwei Prozent des Wertes für Deutschland.

Da dürfte so mancher den guten alten Zeiten nachtrauern, als der Saporoschez noch gebaut wurde und ein Markenzeichen der sowjetischen Automobilindustrie war, so wie der Moskwitsch, der Schiguli oder der Wolga. Gut waren die alten Zeiten freilich nur bedingt und die Hecktriebler aus Saporischschja nicht so sehr berühmt wie berühmt-berüchtigt. Der Wagen war robust und leicht zu reparieren, hatte aber seine Macken und machte ziemlich viel Krach. Im Exportland DDR wurde er daher vom Volksmund gern als „Traktor“ oder „Panzer“ bespöttelt. Die erste Generation, angelehnt an den Fiat 600, ging 1960 an den Start, die zweite Ende der 60er Jahre.

Ein Saporoschez war das erste Auto des heutigen russischen Präsidenten Wladimir Putin. Seine Mutter hatte es in einer Lotterie gewonnen, daraufhin wurde entschieden, das Gefährt dem Sohn zu überlassen, der damals Jurastudent an der Leningrader Staatsuniversität war. Heute ist das Auto ein Museumstück.

Tino Künzel

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