Russland auf der Expo: Die Geschichte eines Wunders

Bahnbrechendes erwartet man heutzutage nicht mehr von einer Weltausstellung. Die am 1. Oktober eröffnete Expo 2020 in Dubai ist eher als Gesamtkunstwerk interessant. Wie sich Russland dort präsentiert und warum Moskau schon weiterdenkt, lesen Sie hier.

Runde Sache: Der russische Pavillon auf der Expo in Dubai kommt ohne Ecken und Kanten daher. (Foto: Rostec)

Rekorde, Rekorde, Rekorde. So kennt man das von Dubai. Das höchste Gebäude der Welt, die größte Shopping Mall der Welt, das größte Riesenrad der Welt. Und nun ist Dubai auch noch Gastgeber der größten Weltausstellung der Welt, zumindest in gewisser Hinsicht. 192 Teilnehmerländer waren es auch bei der Expo 2010 in Shanghai, doch diesmal hat jedes seinen eigenen Pavillon. Das gab es noch nie. Gegliedert ist das 4,38 Quadratkilometer große Ausstellungsgelände in drei Themenbereiche: Chancen, Mobilität und Nachhaltigkeit.

Die alle fünf Jahre abgehaltene „große“ Expo – dazwischen kann es „kleine“ geben wie zuletzt 2017 in Kasachstans Hauptstadt Asta­na (heute Nur-Sultan) – findet wegen der Pandemie mit einem Jahr Verspätung statt. Sie wurde am 1. Oktober eröffnet und läuft ein halbes Jahr. So lange würde es vermutlich auch dauern, wollte man jeden einzelnen Pavillon besichtigen. Zwar sind die Zeiten, in denen Weltausstellungen geradezu Geschichte schrieben und technische Erfindungen oder einzelne Bauten zur Sensation wurden, vorbei. Andererseits ist gerade die Expo in Dubai ein Spektakel an Formen und Farben und ein Pavillon extravaganter als der andere. (Hier einige davon noch im Projektstadium: www.youtube.com/watch?v=9h1DVkgjlI8)

Russische Kreativität für die Welt

Natürlich möchte auch Russland mit seinem Auftritt einerseits verblüffen, andererseits eine Idee von sich vermitteln. Damit fängt der russische Pavillon schon äußerlich an. Erdacht hat ihn der Architekt Sergei Tchoban, 1962 in Leningrad geboren, aber nun schon seit 30 Jahren in Deutschland zu Hause. Pate stand nach seinen Worten dabei das Matrjoschka-Prinzip: Der 27 Meter hohe Kuppelbau hält innen so manche Überraschung bereit, die ihm von draußen nicht anzusehen ist und nach einem neugierigen Geist verlangt. Dass hier niemand so einfach vorbeigeht, dafür sorgen schon die scheinbar endlosen, vielfarbigen Röhren aus Aluminium und Stahl. Sie sollen permanente Bewegung symbolisieren. Je nach Lichteinfall sind sie immer wieder anders anzuschauen.

Drinnen geht es, so das Motto, um „Kreative Köpfe als Zukunfts­treiber“. Der zentrale Teil der Ausstellung ist dabei dem menschlichen Hirn gewidmet und steht unter der Überschrift „Mechanik eines Wunders“. Besucher sollen sich einen Eindruck verschaffen, wie russische Kreativität die Welt bereichert hat, welches wissenschaftliche und kulturelle Erbe dieses Land auszeichnet. Pavillon-Direktor Alexander Getman nannte in diesem Zusammenhang Namen wie Tolstoi und Mendelejew, Kandinsky und Rodtschenko, Sikorsky und Koroljow.

Auch die Maskottchen des russischen Pavillons haben bereits international Aufmerksamkeit erregt. Die Fixies, Animationsfiguren mit einem Faible für Naturwissenschaften, sind ein Exportschlager.

Wie eine Bekleidungslinie der Marke „Putin Team“ im Souvenirshop ankommt, muss sich erst noch zeigen. Es handele sich um Mode für einen „aktiven und gesunden Lebensstil“, hieß es in einer Pressemitteilung. „Putin Team“ unterhält bisher erst einen einzigen eigenen Laden im russischen Schwarzmeerbadeort Gelendschik. Allein bis Jahresende sollen jedoch fünf weitere hinzukommen.

Bevor die Expo im nächsten Frühjahr schließt, sind im Pavillon etwa 60 Veranstaltungen geplant, darunter Vorlesungen zum russischen Film, Sprachunterricht und ein Schachturnier. Auch Businesskontakte sollen intensiv gepflegt werden.

Kommt die Expo nach Moskau?

In besonderer Mission ist die Stadt Moskau auf der Expo unterwegs. Sie stellt sich nicht nur im russischen Pavillon vor, wie das auch Tatarstan und einige andere Regionen tun, sondern wirbt für ihre eigene Kandidatur, die Welt­ausstellung 2030 ausrichten zu dürfen. Moskau hatte im April seine Bewerbung beim Veranstalter, dem Bureau International des Expositions (BIE) mit Sitz in Paris, eingereicht, damals als erste Stadt. Inzwischen gibt es mit dem südkoreanischen Busan einen weiteren Kandidaten. Bewerbungen werden noch bis Ende Oktober entgegengenommen. Die Entscheidung fällt 2023. Die Expo 2025 war vor drei Jahren an Osaka in Japan vergeben worden. Damals hatte sich auch das russische Jekaterinburg beworben.

Russland und die Weltausstellungen – das hat eine lange Tradi­tion. Schon an der ersten derartigen Messe 1851 im Londoner Crystal Palace nahmen 363 russische Aussteller teil. Später gewannen Exponate aus Russland und der Sowjetunion zahlreiche Preise. Die entsprechenden Pavillons gehörten oft zu den größten und denkwürdigsten. So war der von 1937 in Paris von der berühmten Statue „Arbeiter und Kolchosbäuerin“ gekrönt.

Tino Künzel

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