Russische Alternativen

Als russische Zeitung sollten wir wohl ab und zu über die russischen Parlamentswahlen berichten, die in etwa zwei Monaten abgehalten werden. Hier also das Neueste (plus Wahlergebnis).

2849347 17.05.2016 17 мая 2016. Лидер фракции ЛДПР Владимир Жириновский, лидер фракции КПРФ Геннадий Зюганов и председатель партии "Справедливая Россия" Сергей Миронов (слева направо) на заседании Государственного совета РФ по развитию строительного комплекса и совершенствованию градостроительной сферы. Михаил Климентьев / РИА Новости

Die Alternativen in der Duma: Schirinowskij, Sjuganow, Mironow (von links) / RIA Novosti

Von Bojan Krstulovic

Noch bevor Russland auf die Datscha fährt, beeilen sich die politischen Parteien mit ihrer personellen Aufstellung für die Parlamentswahlen im Herbst. Bei den vier Parteien, die es 2011 in die Duma geschafft haben, bleiben die Gallionsfiguren die alten (siehe Tabelle unten). Neue Gesichter auf den hinteren Plätzen werden das Stimmverhalten allenfalls auf lokaler Ebene beeinflussen.
Dmitrij Medwedews Regierungspartei „Einiges Russland“ hielt dieses Jahr erstmals Vorwahlen ab, unter der Flagge von Basisdemokratie und Transparenz. Doch am Ende setzte die Partei in 19 ihrer 36 regionalen Wahllisten die jeweiligen Gebiets-Gouverneure an die Spitze. Hinzu kommt noch die überraschende Nominierung eines der fünf mächtigsten Männer des Landes für das Gebiet Saratow: Wjatscheslaw Wolodin, der im Kreml Herr über die gesamte Innenpolitik ist. Solchen VIP-Kandidaten wollen gewöhnlich nicht selbst in die Duma und damit auf ihre Macht verzichten. Sie dienen als sogenannte „Dampfloks“, um die Chancen der Kandidatenliste zu erhöhen. Beobachter sind sich einig, dass damit nicht die Wähler angesprochen sind, sondern die lokalen Verwaltungen mit ihren abhängigen Beschäftigten, denen ein Misserfolg des eigenen Gouverneurs schlecht zu stehen kommen würde.
Die parlamentarische Opposition besteht seit 2007 aus dem Dreigespann der Kommunisten (KPRF), den rechtsnationalen Liberaldemokraten (LDPR) und der sozialdemokratischen Partei „Gerechtes Russland“. Während letztere unter dem blassen Sergej Mironow erst vor zehn Jahren gebildet wurde, um der Opposition ein menschliches Antlitz zu geben, sind die beiden anderen Parteien älter als das demokratische Russland selbst. Gennadij Sjuganow, der Langzeit-Chef der KPRF, hätte 1996 beinahe gegen Boris Jelzin die Präsidentschaftswahl gewonnen. Seit dieser Schicksalswahl für Russland vor genau 20 Jahren hat er sich allerdings mit der Rolle als Oppositionsführer in der Duma abgefunden. Im Zuge der patriotischen Welle nach der Einverleibung der Krim gibt er sich als außenpolitischer Hardliner und arbeitet sich dabei am Westen ab. Dies war bisher die Domäne der LDPR, die ebenfalls seit Jahrzehnten von einem Mann dominiert: Wladimir Schirinowskij. Der hat aber weniger Hemmungen, sich öffentlich zu inszenieren, und gilt als der begehrteste Gast in russischen Fernsehtalks, da bei seinen Auftritten die Zuschauerquote am höchsten ist. Der Konflikt mit dem Westen bot dafür auch in den vergangenen Monaten zahlreiche Anlässe. Als einer der offenen Fragen dieser Wahlen gilt daher, ob Schirinowskij den Kommunisten den zweiten Platz streitig machen kann.
Mironows „Gerechtes Russland“ wird diesmal darum kämpfen müssen, die Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden, sind sich Umfragen und Experten einig. Zu unscheinbar gebe sich die Partei, zu grau ihr Vorsitzender. Vor allem um ihre Wähler bemühen sich die bisher nicht in der Duma vertretenen Parteien. Auch wenn sie bisher außerparlamentarisch arbeiten, verstehen sie sich nicht als „außersystemisch“, also als radikale Gegner von Putin. Die neue liberale und auf Versöhnung mit dem Westen hin orientierte Partei „Rost“ (deutsch „Wachstum“) wendet sich vor allem an Kleinunternehmer, die antiliberale „Rodina“ („Heimat“) dagegen vor allem an Militärangehörige. Kritik üben sie allenfalls an Premierminister Medwedew und der Regierungsarbeit, nicht aber am System insgesamt. Nur mit der „grünen“ Partei Jabloko wird im Herbst eine radikale Alternative zur Wahl stehen – nach bisherigem Stand. Der auffälligste Punkt in ihrem Programm ist nämlich die von Russlands Sicherheitsbehörden nicht gern gehörte Aussage, dass die Krim zur Ukraine gehöre.

ScreenClip

Newsletter

    Wir bitten um Ihre E-Mail: