In Russland, dem größtem Land der Welt, gibt sehr viele Orte, an denen es nicht nur kein Kabel-Internet gibt, sondern auch keinen Mobilfunk. Insgesamt gibt es mehr als 155 000 Siedlungen im Land, aber es ist schwer abzuschätzen, wie viele von ihnen noch ohne Mobilfunk und Internet sind. Die letzten aktuellen Daten stammen aus dem Jahr 2020. Damals hatten nach Berechnungen des Ministeriums für digitale Entwicklung 32 000 russische Siedlungen keinen Mobilfunk und mehr als 25 000 kein zuverlässiges Hochgeschwindigkeitsinternet.
Begrenzte Technologien
Satelliten-Internet-Technologien gibt es in Russland bereits seit einigen Jahren. Momentan wird der Internetzugang von Russlands wichtigstem und größten staatlichenBetreiber, vom Satellitenkommunikationsunternehmen „Kosmitscheskaja Swjaz“und der Aktiengesellschaft „Gazprom Kosmitscheskije Sistemy“ angeboten. Die Preise der Anbieter sind moderat – ab 900 Rubel (etwa 9 Euro) pro Monat, und die Teilnehmergeräte können ab 2300 Rubel erworben werden. Aber es gibt auch große Nachteile: Viele Tarife haben Traffic-Beschränkungen, die Höchstgeschwindigkeit beträgt oft nicht mehr als 10 Mbit/s. Aber in der Tat hängt die Geschwindigkeit vom Standort ab.
Die Satelliten sind geostationär, das heißt, sie schweben in einer Entfernung von mehr als 35 000 Kilometern über dem Äquator. Wenn das Signal Sie nicht erreicht, können Sie nichts dagegen tun. Und da die Satelliten auf verschiedene Anbieter aufgeteilt sind, hat jeder von ihnen seinen eigenen Abdeckungsbereich.
Der einsame „Skif“
Die russische Regierung ist seit Langem bestrebt, dieses globale Problem zu lösen. Die Schaffung eines Satellitenkommunikationssystems, das mit den ausländischen globalen Satellitenkommunikationssystemen OneWeb und Starlink konkurrieren soll, war im Programm „Digitale Wirtschaft“ vorgesehen, das im Sommer 2017 genehmigt wurde. Das System, das ab 2018 den Namen „Sphere“ trägt, sollte bis 2025 in Betrieb genommen werden. Die vorläufigen Kosten des Projekts wurden auf 299 Milliarden Rubel geschätzt.
Die Satellitenkonstellation „Skif“, die 12 Satelliten umfassen wird, soll für den Breitband-Internetzugang des „Sphere“-Systems zuständig sein. Am 22. Oktober letzten Jahres startete Russland den ersten Satelliten des „Sphere“-Projekts, den Satelliten „Skif-D“. Ende Mai dieses Jahres gab das staatliche Raumfahrtunternehmen „Roskosmos“ bekannt, dass es einen Auftrag für die Herstellung, den Start und die Flugtests von vier weiteren Satelliten für das Kommunikationssystem „Skif“ erhalten hat.
6 Satelliten in 4 Jahren
Während das Staatsprogramm noch in den Kinderschuhen steckt, verfügt ein bis vor Kurzem wenig bekanntes privates Raumfahrtunternehmen, „Büro 1440“, bereits über eine funktionierende Konstellation von sechs Satelliten für den Breitband-Internetzugang in niedriger Umlaufbahn.
Das 2020 gegründete Unternehmen gab Ende Juni letzten Jahres bekannt, dass es seine ersten drei Testsatelliten, „Rasswet-1“ (Morgendämmerung), in erdnahe Umlaufbahnen gebracht hat. Drei weitere „Rasswet-2“-Satelliten wurden Mitte Mai dieses Jahres vom Raumfahrtzentrum Plesetsk aus gestartet.
Offenbar enttäuscht vom Satellitenprogramm von „Roskosmos“, entschied sich die Regierung für die Zusammenarbeit mit dem privaten Unternehmen. Im August 2023 führte der stellvertretende russische Ministerpräsident Dmitri Tschernyschenko ein Videogespräch vom Flugkontrollzentrum „Büro 1440“ aus mit dem Minister für digitale Entwicklung der Republik Adygeja, Zaurbek Schu, der sich auf dem Berg Fischt befand – außerhalb des Empfangsbereichs der Mobilfunknetze.
Die zweite Hand
Am 21. Oktober wurde auf der Internetseite des Ministeriums für digitale Entwicklung berichtet, dass „Büro 1440“ bis Ende 2030 292 Satelliten zu starten plant, und insgesamt sollen 383 Satelliten gestartet werden. Die Konstellation soll in erster Linie auf Kosten des Unternehmens selbst geschafft werden, das für das Projekt laut Ministerium mehr als 300 Milliarden Rubel bereitstellen wird. Mehr als 100 Milliarden Rubel sollen dem Unternehmen aus dem Haushalt bereitgestellt werden.
Die Hauptaufgabe des „Büros 1440“, das von Experten als die „zweite Hand“ vom Ministerium für digitale Entwicklung bezeichnet wird (die erste Hand ist selbstverständlich „Kosmitscheskaja Swjaz“), besteht nun darin, eine Fließbandproduktion von Satelliten aufzubauen. Denn bisher handelte es sich um eine Einzelanfertigung, bei der alle Elemente und Komponenten, wie das Unternehmen behauptet, von ihm selbst hergestellt wurden. Wie realistisch das ist, ist schwer zu beurteilen. Auf eine entsprechende Anfrage der MDZ-Redaktion antwortete die Pressestelle des Unternehmens nicht.
Alexej Karelski