„Verbotene Früchte sind süß“
Die „Jagd“ auf Vertreter der Jugendsubkulturen in Russland hat weder heute noch gestern begonnen. So plante die Staatsduma bereits 2008, ein Verbot von Emo und Goths zu erlassen. Es gab sogar einen Gesetzentwurf, in dem es hieß, die „negative Ideologie“ der Emo-Kultur fördere die Entwicklung von Depressionen, Entfremdung von der Gesellschaft und sogar Selbstmordgedanken. Schon damals sagten Psychologen, dass man mit einem Verbot von Frisuren und Lippenpiercings nichts erreichen würde. „Verbotene Früchte sind süß!“ – mahnten sie damals und verwiesen darauf, dass der Kampf der sowjetischen Behörden gegen Hippies, Punks und Metalheads bewiesen habe, dass es unmöglich ist, eine Subkultur zu zerstören. Damals beschränkte sich übrigens alles auf das Gerede, und Emos und Goths verloren sich allmählich im Gedränge „neumodischer“ Jugendsubkulturen.
Furries sind dran
Seit einiger Zeit beunruhigt die russischen Behörden auch der Gedanke, Furries zu verbieten oder sie zu Extremisten zu erklären. Ende April dieses Jahres sagte die Kinderbeauftragte in Tatarstan Irina Wolynets auf dem Forum „Sicheres Internet“, dass Furries „Kinder verrückt machen“. „Sie beziehen Kinder ein, um ihre Psyche zu verunsichern und sie in destruktives Verhalten zu verwickeln. Dies ist ein Ablenkungsmanöver gegen die Bevölkerung, das darauf abzielt, die Menschen zu entmenschlichen und sie in Tiere zu verwandeln“, so damals Wolynets.
Der Leiter der Kommission für den Schutz von Kindern vor zerstörerischen Inhalten Andrej Tsyganow schlug bereits im Herbst 2021 vor, Furries als Extremisten einzustufen (zusammen mit den radikalen Feministinnen und Childfree-Anhängern). „Hier gibt es nichts Harmloses. Das ist ein klassischer Heranziehungstrichter. An der Fassade ist etwas konventionell Harmloses, ein paar Tiere. Dann gehen wir ein bisschen tiefer und sehen, dass es da Pädophilie, Zoophilie und andere Schrecken gibt“, meinte Tsyganow.
Auch Maria Lwova-Belowa, die Beauftragte des russischen Präsidenten für Kinderrechte, unterstützte ihre Kollegen. Auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg äußerte sie sich besorgt über die Verbreitung der „pelzigen“ Subkultur unter russischen Kindern. Sie merkte an, dass es ihr nicht peinlich sei, dass Kinder sich mit Tierkostümen verkleiden, sondern dass sie versuchen, das Verhalten dieser Tiere in verschiedenen Situationen zu imitieren, einschließlich des „Fressens aus einem Napf und des Gangs zur Katzentoilette“.
„Wir sind einfach Menschen“
Furries verteidigen sich, so gut sie können. Einer von ihnen erklärte beispielsweise neulich in einem Interview, dass Furries nicht aus einem Napf essen, wie Irina Wolynets behauptet, und nicht versuchen, sich in Tiere zu verwandeln, nur weil sie sich für anthropomorphe Tiere interessieren – solche, die auf zwei Beinen gehen, Kleidung tragen, Geschirr benutzen und sich allgemein wie Menschen verhalten.
Was jeder von ihnen macht, ist seine persönliche Sache und keine Eigenschaft der gesamten Fangemeinde. Ebenso gibt es einige unter ihnen, die schlimme Dinge tun, und auch das ist kein allgemeines Merkmal der gesamten Fangemeinde. Im Gegenteil, die Gemeinschaft versucht, solche Leute loszuwerden.
Alexej Karelski