Nicht nur Bären mögen’s süß

Honig ist gesund und lecker. In welchen Ecken Russlands gibt es welche Honigsorten? Wo kann man sie in Moskau bekommen? Und was gibt es sonst rund um die Imkerei zu entdecken? Ein süßer Überblick.

Flüssiges Gold: Rawschan Schadmanowitsch verkauft baschkirischen Honig aus eigener Produktion. © Jiří Hönes

Die Tage werden kürzer, der Herbstwind trägt goldgelbes Laub durch die Straßen und die Menschen verbringen wieder mehr Zeit drinnen. Wer lehnt sich da nicht gern auf dem Sofa zurück und rührt einen Löffel Honig in den heißen Tee? Das süße Gold hat in der Herbstzeit Hochkonjunktur. Nachdem die Ernte des Sommers verarbeitet ist, müssen sich die Imker nun mehr um den Vertrieb ihrer Produkte als um die Bienenstöcke kümmern. Neben Moskauer Honigfachgeschäften wie dem Dom Mjoda (Haus des Honigs) an der Uliza Nowokusnezkaja ist es vor allem der Honigmarkt in Kolomenskoje südlich der Innenstadt, der Kenner aus Nah und Fern anlockt. Seit 2012 findet hier jeden Spätsommer bis Herbst ein mehrere Monate dauernder Markt für Honig aus ganz Russland sowie Kasachstan und Kirgistan statt.

Der Honigmarkt in Kolomenskoje

In einem großen gelben Zelt am Rande des Parks in Kolomenskoje reiht sich ein Stand an den anderen. Händler aus den  unterschiedlichsten Regionen und Republiken bieten ihre Erzeugnisse an, vom Kaukasus bis zum fernen Osten. Probieren ist überall möglich, ob blumiger Akazienhonig (Akazijewyj) aus der Region Krasnodar im Süden, bitter-nussiger Kastanienhonig (Kaschtanowyj) aus der Republik Adygeja im Nordkaukasus oder würziger Berghonig (Gornyj) aus dem Altai – die Auswahl ist überwältigend.

Als besondere Spezialität gilt in Russland baschkirischer Honig. Die Republik Baschkortostan, am östlichen Rand Europas gelegen, verfügt über waldreiche Ausläufer des Uralgebirges. In den Dörfern der Republik ist die Imkerei weit verbreitet. Aus Askino, etwa 200 Kilometer nördlich der Republikhauptstadt Ufa gelegen, stammt Rawschan Schadmanowitsch. Der studierte Biologe betreibt dort eine Imkerei und ist jedes Jahr in Kolomenskoje auf dem Honigmarkt, um seine Produkte unters Volk zu bringen.

„Unsere Hauptspezialität in Baschkortostan ist Lindenhonig (Lipowyj)“, berichtet er stolz, „probieren Sie!“ Der Geschmack des hellen Honigs ist frisch und leicht ätherisch. „Daneben haben wir noch Wiesen- und Waldhonig.“ Für letzteren fährt Rawschan seine Bienenvölker mit dem Kamaz-Lastwagen  in die bewaldeten Berge seiner Heimat. Doch auch Feldfrüchte können als Basis für interessante Honigsorten dienen.

Tatjana aus Mari El mit ihrem Klettenbären © Jiří Hönes

Der Bär ist immer dabei

Buchweizen (Gret tschischnyj), Steinklee (Klewernyj) und Senf (Gortschitschnyj) sind charakteristische Sorten, die er im Angebot hat. In Mari El, einer Republik an der mittleren Wolga, gilt Weidenröschenhonig (Kiprejnyj) als Spezialität. Die Pollen der Blume mit den lila Blüten ergeben einen würzigen Geschmack. Tatjana, eine Imkerin aus Mari El, kommt schon seit 15 Jahren auf den Moskauer Honigmarkt. Seither immer dabei ist ihr Maskottchen, ein Bär aus Kletten, der aus seinem Honigtopf löffelt.

So vielfältig die Honigsorten sind, so unterschiedlich sind auch die Preise. Honig ist generell ein recht teures Produkt. Weniger spezielle Sorten wie Waldhonig bekommt man in Kolomenskoje für um die 700 Rubel (etwa 10 Euro) pro Kilo, für besondere Sorten wie Akazien- oder Kastanienhonig werden schnell 800 bis 1000 Rubel (etwa 11 bis 14 Euro) fällig.

Dafür kann man sich hier sicher sein, dass es sich um Qualitätsprodukte handelt – im Gegensatz zu Honig aus dem Supermarkt. Bei jenem kann es etwa vorkommen, dass er mit billigem Sonnenblumenhonig verschnitten und  mit Aromen versehen oder gar mit Zuckersirup gestreckt wurde, wie die Imkerfamilie Startschewskich aus Sibirien berichtet.

Der Honigmarkt befindet sich im Park von Kolomenskoje. Ab der Metrostation Kolomenskaja  verkehren kostenlose Pendelbusse.

Ökozentrum Zarenbiene

Wer nicht nur Honig kaufen und verspeisen möchte, sondern etwas über die Geschichte der Imkerei erfahren will, der kann jeden dritten Sonntag im Monat zum Ökozentrum Zarskaja Paseka (Zarenbiene) im Ismailowskij Park kommen. Das idyllisch gelegene Umweltbildungszentrum befindet sich auf dem Gelände des einstigen Landguts  Ismajlowo, das unter Zar Alexander I. im 17. Jahrhundert angelegt wurde. Ein mitten im Wald gelegenes Holzhaus empfängt die Besucher mit historischem Flair.

Im 19. Jahrhundert betrieb die Kaiserlich-Russische Gesellschaft  für Akklimatisation von Tieren und Pflanzen hier eine Versuchsimkerei. Heute können in einer Ausstellung historische Bienenstöcke besichtigt werden und Besucher können Imkern bei der Arbeit über die Schulter schauen. Die nächsten Führungen finden am 20. Oktober statt.

Das Ökozentrum  ist von der Metrostation Ismajlowskaja nach einem Spaziergang von etwa einem Kilometer erreichbar.

Jiří Hönes

Historische Bienenstöcke gibt es im Ökozentrum Zarenbienen zu sehen. © Jiří Hönes
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