Bücher und noch viel mehr

Lesen, Lernen, sich austauschen – die neue Bibliothek im Städtchen Jegorjewsk ist ein Kulturzentrum mit breitem Angebot und moderner Technik. Dem Beispiel sollen bald weitere Bibliotheken in der Region Moskau folgen.

Modellbibliothek Jegorjewsk
Aquarell-Workshop zwischen Ausstellung und Bücherregal (Foto: Jiří Hönes)

Gerade ist der Englischkurs zu Ende, da wird schon zwei Zimmer weiter der Aquarell-Workshop zum Thema Herbst vorbereitet. Die Schar Kinder nimmt am runden Tisch zwischen Bücherregalen Platz, es müssen noch Stühle herangetragen werden, der Andrang ist heute groß. Wir sind in der neuen Bibliothek im fünften Mikrobezirk in Jegorjewsk, etwa 80 Kilometer südöstlich von Moskau. Sie wurde Ende August als Modellbibliothek für die Region Moskau eröffnet. Und sie ist mehr als eine Bücherei, sie ist ein mit moderner Technik ausgestattetes Lernzentrum – und vor allem ein Treffpunkt für die Menschen im Quartier.

„Wir haben großzügige Bundeszuschüsse aus dem Programm ‚Nationale Projekte‘ erhalten“, erzählt Irina Gontscharowa, Direktorin der Bibliotheken in Jegorjewsk. Die flossen sowohl in den Bücherbestand als auch in die technische Ausstattung. Nach dem Muster sollen weitere Bibliotheken der Region modernisiert werden, noch in diesem Jahr etwa die Stadtbibliothek in Sergejew Posad und eine Dorfbibliothek bei Kolomna, berichtet sie.

Ein Ort zum Wohlfühlen

Die Räumlichkeiten in Jegorjewsk sind hell und farbenfroh. Verschiedene Zonen wurden eingerichtet, ein Computerraum, ein Ruhebereich, ein Zimmer für Kinder. Nichts erinnert an den altbackenen Sowjet-Charme, der so mancher Stadtteilbibliothek noch anhaftet, und der kaum geeignet ist, junges Publikum anzuziehen. Hier lädt eine Polsterecke zum Entspannen ein, eine elektronische Tafel ermöglicht virtuelle Exkursionen, ein Tisch mit Touchscreen bietet eine Fülle an Lernspielen.

Vier Bibliothekarinnen und zwei Pädagoginnen arbeiten hier. Eine von ihnen ist Maria Musatowa, die eben die Kinder in Englisch unterrichtet hat. Sie bietet auch Computerkurse für Senioren an. „Ältere Leute, die keine Erfahrung mit dem Internet haben, können hier lernen, wie sie Bankgeschäfte online erledigen oder einfach nur mit ihren Enkeln chatten“, berichtet sie. Eltern wiederum bietet sie einen Einblick, wie sie ihre Kinder bei den ersten Schritten im Internet unterstützen können.

Breites Kursangebot für Kinder

Die Bibliothek ist von Dienstag bis Sonntag geöffnet und es gibt laufend Programme, von klassischen Angeboten wie Märchenlesungen für Kinder bis zum Basteln mit dem 3D-Stift. Irina Gontscharowa zeigt Laubblätter, die die Kinder damit gezaubert haben. Auch für Menschen mit Behinderungen hat das Team spezielle Angebote, etwa für Blinde oder Gehörlose. Das meiste von alldem ist kostenlos, für die Sprachkurse sind kleine Unkostenbeiträge fällig.

Und es gibt überall etwas zu entdecken. „Wir haben Wert gelegt auf ein inspirierendes Umfeld“, sagt Irina Gontscharowa. Stolz zeigt sie etwa eine riesige Uhr im Foyer. Jede Stunde wird durch einen Buchtitel mit der entsprechenden Zahl angezeigt, etwa Tschechows „Drei Schwestern“. Und in dem Raum, in dem die Kinder sich an Aquarellen versuchen, werden auch Ausstellungen gezeigt. Momentan sind Werke des Jegorjewsker Buchillustrators Wjatscheslaw Poleschajew zu sehen. In der Ecke steht ein virtuelles, knallgrünes Buch. Darin kann man durch digitalisierte historische Drucke aus dem Stadtmuseum blättern.

Langweilig wird es hier nicht. Das zeigt allein dir Zahl der Kinder, die hier nach der Schule vorbeischauen. Was das Team derzeit im Angebot hat, lässt sich auf der Seite der Bibliothek beim sozialen Netzwerk VKontakte verfolgen.

Jiří Hönes

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