Politisierter Krim-Frühling zu Gast bei den Studis

Am MGU-Hauptgebäude sind jüngst gleichzeitig der Frühling und die russische Krim gefeiert worden. Aber eigentlich inszenierten sich eher russische Politiker selbst. Mit einem ernsten und für einen Studenten folgenreichen Zwischenfall.

Dieses Studentenfestival war klar politisiert: Hier sprach Wladimir Schirinowskij. / js

Kaum jemand möchte wohl gern Politveranstaltungen unter seinem Fenster haben. Darum waren die Studenten der Moskauer Lomonossow-Universität von der Idee, vor dem Hauptgebäude der MGU das Festival „Schwalbennest“, benannt nach dem Schlösschen an der Schwarzmeerküste bei Jalta, anlässlich des dritten Jahrestags des Beitritts der Krim zu Russland zu veranstalten, nicht begeistert.

Politischer Frühling an der MGU / js

Und obwohl 40 Prozent der Studenten auf der VKontakte-Seite des Studentenrats gegen das Konzert stimmten, fand es am 18. März doch statt. Nur eben unter anderem Namen – „Frühling“. Noch am Tag vor dem Konzert rief die Studentengruppe „Initiativgruppe MGU“ zur Mahnwache gegen das Frühlingsfest auf. Ohne Effekt.

Was sich dann letztlich auf der Bühne vor der Universität abspielte, zeugte davon, dass wirklich nur die Bezeichnung verändert wurde. Leute schwingen Flaggen der Duma-Parteien. Eine Dame mit Russlandfahnen unter dem Arm drängt sich durch die Reihen und fragt jeden, ob er denn eine wolle.

Große Begeisterung ist nicht zu sehen / js

Das Konzert beginnt mit dem „Sewastopoler Marsch“. Das Publikum wirkt wenig begeistert. Einige von ihnen hatten sich über eine Anzeige auf massovki.ru angemeldet, einer Vermittlung für Filmstatisten. Dort wurden jedem für die Teilnahme an der Veranstaltung 300 Rubel versprochen. Dann betreten die Parteichefs die Bühne. Der Auftritt des Skandalpolitikers Wladimir Schirinowskij scheint das Publikum sogar zu freuen. Doch nach Worten wie „In den USA und Europa gibt es jetzt überhaupt keine fröhlichen Tage mehr“ oder „Das Kiewer Regime ist in Agonie verfallen“ wird allen doch klar, dass sich das Studentenfestival sich in eine Agitationsveranstaltung verwandelt hat.

Sachar Sarapulow an „seinem“ Fenster / js

Am selben Tag hängt der 25-jährige Doktorand Sachar Sarapulow eine ukrainische Flagge aus „seinem“ 17. Stockwerk des Universitätsgebäudes. Eine Stunde später wird er von Polizisten festgehalten. Sarapulow zeigt die blauen Flecken an Hals und Ellbogen und erzählt: „Ich habe keine klaren politischen Anschauungen. Ich wollte die Leute nur auf den schlechten Zustand des Hauptgebäudes der wichtigsten Universität Russlands aufmerksam machen. Hätte ich ein Plakat gegen Wanzen aufgehängt, hätte das kein Aufsehen erregt, deswegen nahm ich die ukrainische Flagge. Ich habe erwartet, dass man mich festnimmt, aber nicht, dass ich geschlagen werde.“

Wie andere Studenten hofft der Doktorand, dass das MGU-Hauptgebäude nie mehr Dekoration für Polit-Feste wird. Ob sich das erfüllt, wird die Zeit zeigen.

Von Jekaterina Solowjowa

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