Jekaterinburg-Arena: Hightech-Meisterwerk mit Stalin-Architektur

Einer der zwölf Austragungsorte der Fußballweltmeisterschaft ist Jekaterinburg. Die dazugehörige Arena wurde Mitte April bei einem Testspiel erfolgreich eröffnet. Kurios anzusehen waren nicht nur die zusätzlichen Tribünen, die das Stadion erweitern.

Vorfreude auf die WM: Eröffnungsspiel in der Jekaterinburg-Arena /Foto: Julia Schewjolkina.

Wer einen Heiratsantrag machen möchte, wählt oft einen besonderen Ort – gibt alles, dass sich nur dieser Tag ins Gedächtnis prägt! Zwei Fußballfans aus Jekaterinburg wollten sich offensichtlich auch das Datum genauer merken und schenkten ihren Freundinnen die Verlobungsringe während des offiziellen Eröffnungsspiels der WM in der „Jekaterinburg-Arena“, einem der zwölf Stadien der kommenden Fußballweltmeisterschaft in Russland – am 15. April. Der intime Moment wurde auf riesigen Bildschirmen live ausgestrahlt. So teilten die zwei Paare ihr Glück mit kanpp 27 000 Zuschauern. Doch das Stadion kann weit aus mehr aufnehmen, insgesamt 35 000 Menschen. Die Tickets kosteten zwischen 400 und 5000 Rubel, deshalb konnten sich viele Besucher das Spiel und einen kleinen Rundgang durch das neue Stadion leisten. An diesem Tag traf sich der amtierende Fußball-Champion Russlands FC Spartak mit dem weniger erfolgreichen Team FC Ural. Kaum startete der Online-Ticketverkauf, stürzten die dafür gedachten Webseiten ab.

Steile Aussicht

Ein Freund von mir, gebildet in Fußballfragen, nutzte diese Gelegenheit, sich auf das große Ereignis im Sommer einzustimmen. Er kam für ein paar Tage extra aus Moskau angereist und war von der Verlobungseinlage leicht überrascht. Vor allem aber interessierten ihn zwei zusätzliche Tribünen, die die „Jekaterinburg-Arena“ um 10 000 Plätze größer machen. Damit das Stadion den FIFA-Regularien gerecht wird, wurden Teile der Außenwände entfernt und Stahlrohrtribünen installiert. Im Vorfeld wurde über diese Tribünen viel gescherzt. Denn von der Straße sieht es so aus, als sei das Stadion ein unvollendetes Meisterwerk, das Material zum Dach für diese Tribünen müsse jeden Moment da sein. Also sagt der Volksmund, wer sich da einen Ticket kaufe, werde das Spiel nur mit dem Fernglas beobachten und sich so fühlen, als ob er im Bolschoi in der letzten Reihe des letzten Balkons sitze und anstelle der Bühne auf die Kronleuchter starre. Allen Unkenrufen zum Trotz hat man von dort eine sehr gute Sicht. Denn die Tribünen, stolz und steil gebaut, sind kein Thema für Menschen mit Höhenangst wie mich. Aber ich habe mich informiert – und Tickets auf der mittleren Tribüne gekauft. Zum Glück.

Alles im Bild: Links die Extra-Tribüne, die stalinistische Fassade der Jekaterienburg-Arena und der Spartak-Fan aus Moskau /Foto: Julia Schewjolkina.

Zur „Jekaterinburg-Arena“ wurde das in den 50er Jahren errichtete Zentralstadion rekrutiert – und renoviert. Aber dass es das Zentralstadion ist, dessen Hauch hier weht, merkt man doch, denn die alten Fassaden im neoklassizistischen Stil der Stalin-Architektur sind erhalten geblieben. Vor den Eingängen wurden so viele Kontrollpunkte platziert, dass es auch 20 Minuten vor dem Spiel noch keine Schlange gibt. Die Freiwilligen helfen den Gästen mit der Navigation auch später, auf dem Heimweg – nur auf Russisch – und zeigen mit großem WM-Handschuh auf den Ausgang. Nach 15 Minuten in der Menschenmenge, die durch enge, teils gesperrte Treppen zum Ausgang irrt, fühlte vor allem mein Freund aus Moskau sich ein wenig verwirrt und lernte diese Hilfe zu schätzen. Ein Tipp: Warten Sie, bis die meisten gegangen sind, und machen Sie ein Foto mit dem Stadion im Hintergrund. So groß und bunt wird es nach der WM nicht mehr sein – die Extra-Tribünen werden demontiert und wieder für das Sportobjekt im Swerdlowsker Gebiet genutzt.

Julia Schewjolkina

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