Die interslawische Sprache ist im Trend. Die Zahl der Nutzer des Discord-Servers dieser Sprache und der Gruppen in sozialen Netzwerken wächst. Interslawisch wird von Filmemachern verwendet. Der erste Streifen, in dem diese Sprache zu hören ist, war der Oscar-nominierte „The Painted Bird“ des tschechischen Regisseurs Václav Marhoul. Er wurde 2019 veröffentlicht. Auf YouTube werden die Videos der Sängerin Tatiana Injuschina, einer der aktivsten Befürworter der interslawischen Sprache, immer häufiger aufgerufen. In den Kommentaren sagen Dutzende von Menschen aus verschiedenen slawischsprachigen Ländern, dass es möglich war, fast den gesamten Text zu verstehen. Es ist nicht nur möglich, auf Interslawisch zu singen, sondern es auch zu lesen. Es gibt bereits eine Übersetzung von „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry.
Eine alte Idee
Die Idee ist gar nicht so neu. Bereits im 16. Jahrhundert veröffentlichte der kroatische Priester Sime Budinić eine Übersetzung eines religiösen Textes in Kyrillisch und Latein, wobei er seine eigenen Sprachregeln verwendete. Dies war das erste Buch, das für alle südslawischen Völker verständlich war.
Ein Germane für die Slawen
Heute verdanken die Slawen die wachsende Popularität dieser Sprache zu einem großen Teil einem Mann, dessen Muttersprache zur Gruppe der Germanen gehört. Der niederländische Sprachwissenschaftler Jan van Steenbergen schloss sich dem 2006 ins Leben gerufenen Projekt „Slovianski“ an und trug viel dazu bei, dass es 2017 auf der ersten Konferenz für Interslawisch mit anderen ähnlichen Projekten zusammengeführt wurde und die heute gebräuchliche Version entstand. Im April 2024 hat die Internationale Organisation für Normung Interslawisch als eine der Weltsprachen in der Kategorie der Hilfssprachen anerkannt.
Ohne Anstrengung
Die Beliebtheit des Interslawischen ist einfach zu erklären. Die Sprecher der slawischen Sprachen müssen es nicht lernen. Sie verstehen sie bereits zu 70 Prozent. Es dauert nicht länger als einen Monat, um die Regeln der Grammatik und unbekannte Wörter zu lernen. In einem Gespräch mit der MDZ meint die interslawische Sprachspezialistin Alla Sokolowa, dass das Erlernen der interslawischen Sprache an sich schon nützlich ist. Aber es gibt noch einen Bonus: Einen Monat nach Beginn des Unterrichts war sie nicht nur in der Lage, sich mit Menschen in dieser Sprache zu unterhalten, sondern auch die Grundlagen jeder slawischen Sprache zu verstehen.
„Es ist nicht so, dass ich gelernt habe, alle slawischen Sprachen zu verstehen, aber ich habe gelernt, mich in der Fülle der Informationen in den Sprachen zurechtzufinden.“ Sokolowa betont die Leichtigkeit, mit der die Sprachbarriere überwunden wird. Eigentlich ist dies eines der Ziele des Interslawischen. „Ich denke, ein Monat ist eine lohnende Zeitinvestition, um eine solche Fähigkeit zu erwerben“, meint sie.
Einfach mehr sprechen
Dass die Sprache überhaupt nicht gelernt werden muss, ist ein bisschen übertrieben. Man muss irgendwie mit der Sprache in Kontakt kommen, aber wie? Es gibt interslawische Sprachwebsites wie www.interslavic.fun oder www.allslavic.org. Außerdem kann man in den entsprechenden Gruppen in Telegram und in einer VK-Community mit Menschen aus verschiedenen Ländern Erfahrungen austauschen. Der effektivste Weg, die Sprache zu erlernen, ist ein Sprachklub. Dafür braucht man keinen Lehrer. Man muss zugeben, dass das Konzept funktioniert. Schon heute sind in einigen Einrichtungen in Osteuropa Schilder in interslawischer Sprache zu finden. An Universitäten in der Tschechischen Republik oder in Polen sind Dias zu sehen, die die Sprache des Redners in Interslawisch synchronisieren.
Jekaterina Alexejewa