Herr der überraschenden Wendungen

Zwischen gespielter Ahnungslosigkeit und berechnender Anmaßung: Kremlsprecher Dmitri Peskow kommentiert politische Entwicklungen oft auf ziemlich unerwartete Weise. Eine Sammlung seiner denkwürdigsten Aussprüche.

Keine dritte Amtszeit

Kremlsprecher Dmitri Peskows Kommenberrascht of(Foto: news.myseldon.comru)

„Es ist absolut sicher, dass Präsident Putin in etwa einem Jahr aus dem Amt scheidet und es einen neuen Präsidenten geben wird.“ Mit dieser Ansage reagierte der damalige Vize-Pressesprecher des Staatschefs im April 2007 auf Gerüchte um eine weitere Amtszeit von Wladimir Putin. „Es wird demokratische Wahlen geben.“ Befürworter einer dritten Amtszeit Putins verstünden das Fundament für die Stabilität des Landes falsch, erläuterte der Kremlsprecher im Auslandssender RT. Diese hänge nämlich nicht von einem bestimmten Präsidenten ab, sondern von der Unantastbarkeit der Verfassung. „Und das ist der wichtigste Punkt für den Präsidenten“, zitierte Peskow seinen Vorgesetzten. „Er sagte, er könne keine Änderungen an unserer Verfassung zulassen, nur um die Regierungszeit um eine weitere Amtszeit zu verlängern.“ Fünf Jahre später trat Wladimir Putin seine dritte Amtszeit an.

Schlacht um eine Uhr

Er reagierte ziemlich verschnupft: „Was die Geschichte mit der Uhr angeht – ich konnte ja nicht anders, als das Hochzeitsgeschenk meiner Frau zu tragen“, erklärte Dmitri Peskow im August 2015 gegenüber der Zeitschrift Esquire. „Das ist unsere persönliche Angelegenheit, und interessiert niemanden“, so der verstimmte Kremlsprecher. Der Grund für die Rechtfertigung: ein extravaganter Chronograf mit goldenem Totenkopf, den Peskow bei seiner Trauung mit der Eistänzerin Tatjana Nawka trug. Oppositionspolitiker Alexej Nawalny hatte die Armbanduhr als Luxusmodell der Firma Richard Mille identifiziert, Kostenpunkt zwischen 600 000 und 800 000 Dollar. Nawalny wertete den teuren Zeitmesser als Hinweis für illegale Bereicherung des Kreml­sprechers. Dessen offizielles Jahresgehalt liegt bei rund 140 000 Dollar. Kommentar Peskow: „Geschenke unter Eheleuten haben wohl kaum was mit dem Kampf gegen Korruption zu tun.“

Leber auf dem Asphalt

Gewaltvolle Zusammenstöße, rund 650 verhaftete Demonstranten und mehr als 30 verletzte Polizisten: Am 6. Mai 2012 eskalierten in Moskau die Proteste gegen die Wiederwahl von Präsident Wladimir Putin. Nach seiner Einschätzung der Vorgänge befragt, antwortete Dmitri Peskow, für jeden verletzten Ordnungshüter müsse „die Leber der Demonstranten auf den Asphalt geschmiert werden.“ Die Aussage des Kreml­sprechers wurde von vielen Medien aufgegriffen und sorgte für Empörung. Peskow rückte von dem Gesagten allerdings nicht ab – und ging stattdessen zum Gegenangriff über. Er habe die Aussage in einem vertraulichen Männergespräch mit dem Duma-Abgeordneten Ilja Ponomarjow getroffen. „Danach gleich loszurennen und alles bei Twitter auszubreiten, ist einfach nicht männlich.“

Keinerlei Bedrohung

„Bei allem Respekt vor dem Andenken an Boris Nemzow: Politisch stellte er keinerlei Bedrohung für die derzeitige russische Führung oder für Wladimir Putin dar.“ Mit diesen Worten kommentierte Peskow im Februar 2015 die Ermordung von Oppositionspolitiker Boris Nemzow auf einer Brücke in unmittelbarer Kremlnähe. Der Pressesprecher bezeichnete die Tötung als „brutale Tat“, die gleichzeitig auch eine „politische Provokation“ sei.

Der westliche Bazillus

Im Frühjahr 2016 veröffentlichte ein internationales Recherchenetzwerk die sogenannten Panama Papers, die enthüllten, wie Politiker, Sportfunktionäre und Milliardäre Briefkastenfirmen in Panama nutzten, um Steuern in ihren Heimatländern zu umgehen. Dass auch enge Vertraute des russischen Präsidenten an den Machenschaften beteiligt gewesen seien, stritt Dmitri Peskow scharf ab. „Das ist der Bazillus der Putinophobie, der die westliche Gemeinschaft infiziert hat.“

Birger Schütz

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