Finnland und der neue Umgang mit dem großen Nachbarn

Die 5,5 Millionen Finnen haben einen neuen Präsidenten. Und es ist keiner, der versöhnliche Töne in Richtung Moskau schickt. Der große Nachbar im Osten war eines der bestimmenden Themen bei der ersten Wahl seit dem Nato-Beitritt.

Klassisch, aber nicht pompös: der Präsidentenpalast in Helsinki (Foto: Wikimedia Commons)

Egal, wie die Stichwahl um das Präsidentenamt am 11. Februar ausgehen sollte, eines war schon vorher klar: Finnland würde einen politikerfahren Nachfolger für den beliebten Sauli Niinistö bekommen, der nach zweimal sechs Jahren nicht mehr wiedergewählt werden konnte. Um das höchste Amt im Staate bewarben sich mit dem früheren Ministerpräsidenten Alexander Stubb von der liberal-konservativen Sammlungspartei und dem ehemaligen Außenminister Pekka Haavisto, unabhängiger Kandidaten der Grünen und offen homosexuell, zwei Profis des Politbetriebs.

„Das beste Land der Welt“

Am Ende setzte sich der 55-jährige Stubb mit einer knappen Mehrheit von 51,6 Prozent der Stimmen durch und wollte anschließend zumindest eines versichern: „Ich bin fest davon überzeugt, dass Finnland in den kommenden Jahren das beste Land der Welt bleibt.“

Weiter sagte Stubb, Finnland stünde „an der Schwelle einer neuen Ära“, denn die internationale Ordnung werde von verschiedenen Seiten attackiert. Der neue Präsident gilt als überzeugter Europäer und darüber hinaus als langjähriger Befürworter eines Nato-Beitritts, den Finnland nun im April des vorigen Jahres als 31. Mitglied vollzogen hat.

Noch vor wenigen Jahren hätte sich dafür unter keinen Umständen eine Mehrheit gefunden. Die Finnen wussten ihre Blockfreiheit zu schätzen. Auch Niinistö war nicht zuletzt deshalb so populär, weil er auf ein gutes Verhältnis zu Russland setzte, mit dem sich Finnland immerhin eine 1340 Kilometer lange Landgrenze teilt. Doch die russische „Sonderoperation“ in der Ukraine hat die Lage schlagartig verändert, Vertrauen erschüttert und Ängste geweckt. Niinistö, der „Putin-Flüsterer“, leitete das Ende der Neutralität ein.

Grenzübergänge geschlossen

Stubb sagt, mit Russland und der dortigen Führung könne es unter den jetzigen Bedingungen keine politischen Beziehungen geben. Seit dem 15. Dezember sind alle acht finnisch-russischen Grenzübergange für den Personenverkehr geschlossen. Finnland wirft Russland vor, dass es Migranten aus Asien und Afrika benutzt, um Spannungen zu erzeugen. Moskau weist das zurück.

In einer TV-Debatte vor der Stichwahl hatte Stubb erklärt, man sei nun in einer Situation, in der „Russland, und speziell Wladimir Putin, Menschen als Waffe gebrauchen“. Migranten zu instrumentalisieren, sei ein „gnadenloser, zynischer Schritt“. Man müsse deshalb die Sicherheit ganz nach vorn rücken, verteidigte er die Grenzschließung. Haavisto pflichtete ihm bei: Es sei an der Zeit, Moskau ein unmissverständliches Signal zu senden, dass es „so nicht weitergehen“ könne.

Scheidender Präsident mahnt

Überhaupt waren die Beziehungen zu Russland eines der bestimmenden Themen im Wahlkampf. Und wenn sich früher mit einem Plädoyer für Ausgleich und Verständigung Wählerstimmen gewinnen ließen, so war diesmal alles anders. Vom ersten Wahlgang Ende Januar an, als sechs Männer und drei Frauen für das Amt kandidierten, versuchten sämtliche Bewerber, sich möglichst deutlich von Russland abzugrenzen. In Zeiten wachsender geopolitischer Spannungen stieß das bei den 4,5 Millionen Wählern auf offene Ohren.

Das finnische Staatsoberhaupt hat weitreichende Kompetenzen bei der Außen- und Sicherheitspolitik, vertritt das Land bei Nato-Treffen und ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Deshalb wurde der Wahl eine große Bedeutung für den künftigen Kurs beigemessen, auch wenn Stubb und Haavisto geopolitisch mehr oder weniger auf einer Linie lagen. Trotz der im Vergleich zu früheren Wahlen ungewohnt harschen Rhetorik gegenüber Russland mahnte der scheidende Präsident Sauli Niinistö zuletzt, die Brücken nicht gänzlich abzubrechen. „Für uns ist es äußerst wichtig, die Verbindung nicht nur mit den Vereinigten Staaten, sondern auch mit China und, sobald es realistisch ist, mit Russland aufrechtzuerhalten“, sagte er dem Sender YLE.

Tino Künzel

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