Ein Heldenjahr

Orden, Medaillen und Ehrentitel, verliehen vom Staat, sind nicht nur persönliche Anerkennungen. Sie sind auch ein Signal an die Gesellschaft, welchen leuchtenden Beispielen nach Meinung der Obrigkeit zu folgen ist. Wer also hat das Jahr 2022 – aus Staatssicht – mit Auszeichnung bestanden?

Der Dienst am Vaterland verleihe dem Leben Sinn, wird Präsident Putin auf diesem Plakat in einem Moskauer Außenbezirk zitiert. (Foto: Tino Künzel)

Wladimir Putin hat die russische Regierung angewiesen, die Popularisierung von „traditionelle Werte verkörpernden Helden aus Geschichte und Folklore“ voranzutreiben. Entsprechende Maßnahmen sollen etwa Druckerzeugnisse, Souvenirproduktion und Waren des täglichen Bedarfs einschließen. Wenn man die Zahl der staatlichen Auszeichnungen zum Maßstab nimmt, dann gibt es Helden, die für besagte Werte stehen, aber auch in der Gegenwart nicht zu knapp. 2022 war demnach sogar ein herausragendes Jahr in Sachen Heldentum.

130 „Helden Russlands“

Allein das Präsidentenportal Kremlin.ru verzeichnet um die 30 Einträge zu den verschiedenen Anlässen. So wurde der höchste Ehrentitel „Held der Russischen Föderation“ in diesem Jahr rund 130 Mal verliehen und damit annähernd so oft wie in den zehn Jahren davor. Ganz überwiegend waren es Teilnehmer der russischen „Sonderoperation“ in der Ukraine, an die der „Goldene Stern“ ging – oft postum.

Aber im Grunde, so Putin bei einer Preisverleihung im Kreml, ist „für mich und all unsere Mitbürger“ jeder, der derzeit in vorderster Linie kämpfe, ein Held. „Und ich wünsche mir sehr, dass Sie die Wärme unserer Herzen, die Wärme dieser Unterstützung unseres gesamtes Volkes spüren.“

Ehrungen für Kadyrow und Bastrykin

Hochdekoriert geht auch Ramsan Kadyrow, der Republikchef von Tschetschenien, aus diesem Jahr. Zu den Dutzenden Auszeichnungen, die ihm schon früher zuteilwurden, kamen nun der Alexander-Newski-Orden, die Medaille „Für die Befreiung von Mariupol“ und der Titel „Held der Donezker Volksrepublik“ hinzu.

Der russische Juristenverband wiederum ehrte Alexander Bas­trykin, den Leiter von Russlands Ermittlungsbehörde, für seine „Tätigkeit auf dem Gebiet der Menschenrechte“. In seiner Dankesrede sagte Bastrykin, 700 Ermittler würden auch weiterhin mit ganzem Einsatz „die Verbrechen des blutigen Kiewer Regimes aufklären“.

Tino Künzel

Zeichensprache

Die Hauswand eines Neungeschossers in der südrussischen Millionenstadt Krasnodar spiegelt den Zeitgeist wider. Auf der Stirnseite des Wohnblocks in der Schulstraße 15 prangte seit 2018 ein sogenanntes Mural, das den spanischen Fußballer Sergio Ramos zeigte. Spaniens Nationalmannschaft mit Ramos als Kapitän hatte damals ihr Trainingscamp während der Fußball-WM in Krasnodar aufgeschlagen und Russland wollte sich als weltoffenes Land präsentieren. In diesem Sommer musste Ramos weichen, damit ein anderer seinen Platz einnehmen konnte. Auf der Wand abgebildet ist nun Andrej Burlakow, ein Major aus der Region, gefallen am 27. Februar bei Kämpfen in der Ukraine. Die Anwohner hätten die Entscheidung begrüßt, berichtete der Telekanal Krasnodar. 

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